Die letzten Corona-Beschlüsse des Bundesrates sind noch keine drei Tage alt. Und schon diskutiert die Landesregierung mit den Vertretern der Kantone erneut schärfere Massnahmen. Dass solche ergriffen würden, sollte die Zahl der Neuansteckungen nicht sinken, hatte der Bundesrat bereits am Freitag angekündigt.
Schrittweise das politisch Machbare
Dabei war es absehbar, dass sich die Lage übers Wochenende nicht verbessert. Bis die Massnahmen vom Freitag greifen, geht es erfahrungsgemäss rund zwei Wochen. Trotzdem liefern die neusten Zahlen Bundesrat Alain Berset ein Argument in der politischen Debatte für weitere Verschärfungen. Ein weiteres Argument lieferten die fünf Universitätsspitäler in ihrem gemeinsamen Brief an den Bundesrat. Sie warnen eindringlich vor einer Überlastung des Gesundheitswesens.
Die Positionen von Alain Berset sind im Bundesrat nicht immer unumstritten. Der SP-Magistrat braucht für jede Massnahme immer mindestens auch die Unterstützung einer FDP-Bundesrätin oder eines SVP-Bundesrates. Beide Parteien lehnen weitere Massnahmen ab. Das schrittweise Vorgehen des Bundesrates entspricht daher jeweils dem politisch Machbaren. Mehr Klarheit, was jetzt gerade gilt, schafft das Vorgehen allerdings nicht.
Vorteile des «Schweizer Wegs»
Trotzdem will Bundesrat Berset den sogenannten «Schweizer Weg» weitergehen. Der Bund legt einen Sockel an Massnahmen für das ganze Land. Die Kantone verschärfen diese, wo es nötig erscheint. Und seit Freitag erlaubt ihnen der Bund Ausnahmen von den Bundes-Massnahmen, wenn sie die Lage besser im Griff haben als der Durchschnitt.
Dieser «Schweizer Weg» hat Vorteile. Er erlaubt regional differenzierte Massnahmen. Und damit eine Minimierung des wirtschaftlichen Schadens. Theoretisch. Wenn die Kantonsregierungen ihre Verantwortung wahrnehmen. Das hat zuletzt vor allem in der Deutschschweiz eher schlecht als recht geklappt. Bund und Kantone haben sich die Verantwortung hin- und hergeschoben. Am Freitag hat der Bundesrat deshalb die Zügel wieder in die Hand genommen.
Preis des «Schweizer Wegs»
Nun steuert die Schweiz also zum zweiten Mal in dieser Pandemie auf eine Schliessung von Restaurants und Läden zu. Damit könnte der «Schweizer Weg» am Ende über die gleiche Brücke führen, wie die Corona-Politik jener Länder, die längst wieder im «Shutdown» sind. Der «Schweizer Weg» hat zudem viele Menschen verunsichert. Er fordert täglich mehr Corona-Tote als die Corona-Politik in anderen Ländern. Und er birgt die Gefahr, dass die Lage ausser Kontrolle gerät. Diese Gefahr ist noch nicht gebannt.
Doch das ist der Preis, den die Schweiz bereit ist, für ihre Corona-Politik zu bezahlen.