In der Jugendmusik Glattal freut man sich während der Probe. Es sei ein schöner Ausgleich zum Alltag. Gerade im ersten Shutdown habe man gemerkt, wie wichtig das Zusammensein ist, sagt Miro Knoblauch, der in der Jugendmusik Trompete spielt.
In der Pandemie sei es wichtig, sich anpassen zu können. Doch trotz aller Anpassung sei die Situation, die nun schon fast zwei Jahre von Corona geprägt wird, bedrückend.
Pro Juventute stellt erhöhte Belastung fest
Diese Bedrückung der Jugendlichen stellte auch Pro Juventute fest. Oftmals ist sie eine der Anlaufstellen für Jugendliche, die um Rat fragen. Die Organisation bemerkt einen deutlichen Anstieg der Belastung von Jugendlichen. «Nicht nur hat Pro Juventute im Vergleich zum Vorjahr zehn Prozent mehr Beratungen durchgeführt, auch die Inhalte sind schwerwiegender geworden als vor der Pandemie», sagt Katja Schönenberger, Direktorin von Pro Juventute Schweiz.
Die Inhalte der Beratungen sind schwerwiegender geworden als vor der Pandemie.
Doppelt so oft wie vor der Pandemie wird in diesen Tagen Suizid thematisiert. Auch Gespräche zu Selbstverletzung oder Zukunftsangst werden häufiger geführt.
Vor allem Probleme von Kindern und Jugendlichen, die bereits vor der Pandemie belastet waren, haben sich durch Corona noch akzentuiert. Es gebe aber auch junge Menschen, die eine gewisse Resilienz aufweisen und daher bisher besser durch die Pandemie gekommen sind, so Schönenberger.
Soziale Kontakte wichtig für Entwicklung
Doch auch diejenigen, die bisher gut durch die Pandemie gekommen sind, werden zunehmend einer Belastung ausgesetzt. Soziale Kontakte ausserhalb der Familie sind für die Entwicklung der Persönlichkeit junger Menschen wichtig.
Der Austausch mit verschiedenen Menschen in Vereinen, im Ausgang oder auf Reisen helfe den Jugendlichen, sich von ihren Eltern abzunabeln und ihre Persönlichkeit zu entwickeln, sagt Allan Guggenbühl, Psychologe und Jugendforscher.
Dazu kommt, dass das subjektive Zeitempfinden der Jugendlichen anders ist. Für Erwachsene seien zwei Jahre – subjektiv gesehen – eine kürzere Zeitdauer als für Jugendliche. Die Pandemie und vor allem ihr ungewisses Ende würden so zur Langzeitbelastung für die Jungen, erklärt Guggenbühl. Trotzdem: Der Psychologe beobachtet keine Tendenz zur Auflehnung unter den Jungen.
Trotz Müdigkeit: Junge bleiben standhaft
Die Tendenz von Guggenbühl bestätigt auch eine Strassenumfrage von SRF in Zürich. Die meisten der befragten Jugendlichen bekennen sich zu den Corona-Massnahmen und wollen wie alle übrigen Mitglieder der Gesellschaft ihren Teil zur Pandemiebekämpfung leisten. Auch herrscht Unverständnis gegenüber gleichaltrigen Bekannten, die ihre Mitverantwortung nicht wahrnehmen und die Massnahmen nicht befolgen.
Der Frust ist bei allen Befragten gross, zudem zeigen sich bei einigen Sorgen hinsichtlich der anrollenden fünften Welle. Wie schon in der Jugendmusik Glattal sind viele der Befragten froh, momentan noch ihren sozialen Kontakten nachgehen zu können. Sicher ist: Die Belastung bleibt für die Gesellschaft hoch – insbesondere für die Jungen.