«Das Leben ist ein Risiko», sagt der 81-jährige Herr Kauffmann, der in einem Berner Altersheim lebt und seinen Vornamen nicht preisgeben möchte. Dennoch halte er sich natürlich an die Corona-Massnahmen, versichert er. Massnahmen, die vor allem dazu dienen, die besonders gefährdeten Personen zu schützen. Dazu gehört auch Herr Kauffmann. In seinem Altersheim kam es glücklicherweise noch zu keinen Ansteckungen.
Altersheime als Hotspots
Doch gerade in Altersheimen kommt es zu vielen Ansteckungen. Dies ist gemäss Expertinnen und Experten der Hauptgrund, weshalb sich die Bevölkerungsgruppe der über 80-Jährigen am stärksten mit dem Virus infiziert. Seit dem 9. November 2020 haben sich durchschnittlich 36 von 1'000 Personen über 80 Jahren mit dem Corona-Virus angesteckt. Das ist deutlich mehr als bei den 20 - 39-jährigen, der Bevölkerungsgruppe mit den zweitmeisten Infektionen.
Hohe Positivitätsrate
Die Bevölkerungsgruppe der über 80-jährigen infiziert sich deutlich häufiger als die 20-39-jährigen, obwohl seit dem 9. November im Verhältnis zur Bevölkerungszahl gleich viele Tests durchgeführt wurden. Die Zahlen des BAGs zeigen, dass sich die 20-39-jährigen sogar ganz minim häufiger testen lassen. Die Positivitätsrate der Tests, die für eine korrekte Abbildung der Fälle möglichst tief sein sollte, liegt bei den über 80-jährigen demnach sogar höher als bei den 20-39-jährigen.
Ein weiterer Grund für die hohen Fallzahlen könnte die Einstellung gewisser älterer Menschen sein. «Es gibt immer wieder Personen über 80, die sagen: Ich habe mein Leben gelebt», sagt Lukas Bäumle vom Schweizerischen Seniorenrat. Diese würden sich deshalb zu wenig an die Massnahmen halten, würden dann aber dennoch das Gesundheitswesen belasten. «Das ist sehr egoistisch», kritisiert das Vorstandsmitglied vom Seniorenrat diese Haltung.
Isolation oder Kontaktpflege?
Es gäbe jedoch auch eine gegenteilige Gruppe, führt Bäumle weiter aus. Ältere Menschen, die sich aus grosser Angst vor einer Ansteckung stark isolieren würden. Dies sei ebenso gefährlich, warnt Altersforscherin Pasqualina Perrig-Chiello: «Durch die soziale Abschirmung fühlen sie sich dann einsam und gestresst. Und dann braucht es wenig und es passiert schnell eine Ansteckung.»
Es ist ein schmaler Grat zwischen Isolation und Kontaktpflege. Den meisten fällt diese Entscheidung wohl nicht leicht. Für ältere Personen kann sie zudem meist viel weitreichendere Auswirkungen haben. Dies weiss auch der ältere Herr aus dem Berner Altersheim. Er ist sich bewusst, dass er durch seine zahlreichen Vorerkrankungen zur Risikogruppe zählt. Er vertraue aber in die getroffenen Massnahmen, welche auch er befolge. Und er sagt deshalb: «Ich habe absolut keine Angst vor dem Virus.»