Die Pandemie als Marathon - immer wieder brauchte Gesundheitsminister Alain Berset in den letzten zwei Jahren dieses Bild. Doch auch, wenn die letzten Massnahmen aufgehoben werden: Am Ziel sind wir noch nicht, eher auf der Zielgeraden.
Oberstes Ziel: Schutz des Gesundheitswesens
668 Tage dauerte die besondere Lage. Fast zwei Jahre. In dieser Zeit lag die Hauptverantwortung beim Bundesrat. Und in dieser ganzen Zeit war der Bundesrat ausserordentlich konsequent. Seit die Impfung für alle zugänglich war, war das oberste Ziel der Regierung, die Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Mit seiner pragmatischen Haltung hatte der Bundesrat mal mehr, mal weniger Erfolg. Er musste viel Kritik einstecken, konnte aber auch Lob einheimsen.
Nun, auf der Zielgeraden, kann der Bundesrat aufatmen. Nach 668 Tagen kann er die Verantwortung wieder an die Kantone zurückgeben. Jetzt liegt es an den Kantonen, die anstrengenden letzten Meter zu bewältigen. Sie dürfen nicht lockerlassen, sondern müssen Szenarien für den Herbst vorbereiten. Die Test- und Impfkapazitäten dürfen nicht nur abgebaut werden, sie sollen auch wieder hochgefahren werden können.
Eine Übergangsphase, nicht das Ende
Um sicherzustellen, dass Bund und Kantone auf verschiedene Szenarien im Herbst vorbereitet sind, schickt der Bundesrat ein Grundlagenpapier in die Vernehmlassung. Dieses soll die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen bis nächsten Frühling klären. Der Bundesrat spricht von einer Übergangsphase. Auch das zeigt: Die Pandemie ist noch nicht beendet, das Ziel des Marathons noch nicht erreicht.
Eine entscheidende Rolle auf der Zielgerade wird auch die Eidgenössische Kommission für Impffragen spielen. Sie muss die Situation frühzeitig richtig interpretieren und entscheiden, ob sie die vierte Impfung nur für Risikopersonen oder für die breite Bevölkerung empfiehlt. Und die Impfkampagne muss rechtzeitig lanciert und in den Kantonen umgesetzt werden. Auch hier werden die Kantone gefordert sein.
Konsequente Corona-Politik
Die letzten Meter des Marathons dürften sich für Risikopersonen besonders lange anfühlen. Mit dem Fallen der Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr beispielsweise wird es für sie schwieriger, sich zu schützen. Studien zeigen, dass der Schutz viel besser ist, wenn alle Personen eine Hygiene-Maske tragen, als wenn sich einzelne Personen mit FFP2-Masken schützen. Deshalb habe verschiedene Vertreter von Risikopersonen auch gefordert, die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr noch weiter beizubehalten.
Dass der Bundesrat trotz dieser Forderung und trotz immer noch hoher Fallzahlen die Pandemie für beendet erklärt, ist die konsequente Fortsetzung seiner Politik. Das oberste Ziel war, die Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern, und dieses Ziel hat der Bundesrat erreicht. Das betonte auch Alain Berset bei seinem routinierten Auftritt vor den Medien, machte aber auch deutlich, dass die Pandemie noch nicht beendet sei. Noch ist unklar, wie lange sich der Schlussspurt auf der Zielgeraden hinziehen wird.