Der Bund soll die Cyberkriminalität stärker bekämpfen. Die Bundeskriminalpolizei soll dafür ein eigenes Team schaffen. Das fordert die Bundesanwaltschaft in einem Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Was hinter der Forderung steckt, erklärt Raphael Reischuk. Er ist Mitgründer des Nationalen Testinstituts für Cybersicherheit (NTC).
SRF News: Heute kümmern sich die Kantone um die Bekämpfung von Cyberkriminalität. Weshalb braucht auch der Bund ein eigenes Cyberkommissariat?
Raphael Reischuk: Die Cyberkriminalität hat in den letzten Jahren extrem zugenommen. Sie hat ein unvorstellbares Ausmass erreicht. Die Zahl der Schwachstellen steigt. Wir reden von einer Verdoppelung im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr, wenn es um die sogenannten Zero-Days geht. Die Schadenssumme beträgt 6 Billionen US-Dollar; das ist mehr als im internationalen Drogenhandel Umsatz gemacht wird. Das Schadensausmass nimmt so stark zu, dass wir auch auf Bundesebene einen Schritt machen müssen. Und der ist längst überfällig.
Warum kann das die Bundeskriminalpolizei denn besser als die Kantone?
Das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Das eine ist die internationale Kooperation. Die fällt einem Polizisten in einem Kanton schwieriger. Auch, weil die einzelnen Kantone in vielen Staaten vermutlich nicht bekannt sind. Zweitens müssen wir die Kompetenzen nach innen hin gemeinsam an einen Tisch bringen.
Wir müssen versuchen, Synergien zu schaffen und effizienter zu werden.
Wir müssen dort versuchen, Synergien zu schaffen und effizienter zu werden. Wir müssen innerhalb der Schweiz die Kompetenzen, die wir haben, in den Kantonen koordinieren und besser zusammenbringen. Da ist der Bund oder die Bundesanwaltschaft ein gutes Gefäss.
Dann geht es im Kern darum, die Cyberkriminalität besser zu bekämpfen, also um einen Ausbau?
Ja, es geht einmal um den Ausbau. Wir müssen aber auch die Kompetenzfragen vor den Angriffen klären. Denn Zeit ist ein wesentlicher Faktor, gerade bei Zahlungsdelikten. Täter müssen oft bei der Tat ertappt werden. Denn Spuren gehen mit der Zeit verloren, respektive das Geld wird abgehoben und dann hat man keine Handhabe mehr. Es müssen moderne Gefässe geschaffen werden, die etabliert und eingespielt sind, um international einen wirksamen Hebel gegen die Cyberkriminalität zu haben.
Wie gut aufgestellt ist der Bund bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität?
Es ist ein stetiger Wettlauf mit den Angreifern. Kein Business wächst so schnell wie die Cyberkriminalität. Das Nationale Zentrum für Cybersicherheit (NCSC) leistet jedoch einen wesentlichen Beitrag. Insbesondere auch zur Prävention. Dennoch müssen wir in vielen Bereichen noch besser werden. Das Eine ist die Konsolidierung der Kräfte. Auf der technischen Seite ist es das Erkennen von Schwachstellen – und zwar ohne, dass wir einen Angriffsverdacht haben.
Wir sind schlussendlich nie hinreichend aufgestellt.
Der Bund muss unterstützen, um Schwachstellen zu erkennen und zu schliessen. Da kann der Bund noch besser werden. Denn Angreifer schlafen nie. Wir sind schlussendlich nie hinreichend aufgestellt. Man muss immer investieren, beobachten. Dort wäre es also wichtig, konstant am Ball zu bleiben.
Das Gespräch führte Vanessa Ledergerber.