Absitzen, das «Geschäft» erledigen und spülen: So gehen wir auf die Toilette. Zwei Studierende aus Zürich und dem Aargau verwerfen dieses Konzept aber. Delia Gregori und Julian Gisler haben für ihre Diplomarbeit in Industrial Design eine neuartige Toilette entworfen. Ihr System «Doppelnull» sammelt Urin und Kot getrennt.
«In der Schweiz haben wir ein sehr gut funktionierendes Sanitärsystem mit Schwemmkanalisation und Spültoilette. Trotz der hohen Standards hat es aber Fehler», sagt Julian Gisler.
Für die Toilettenspülung werde etwa 30 Prozent des täglichen Wasserverbrauchs benötigt. Gespräche mit dem Wasserforschungsinstitut Eawag hätten zudem gezeigt, dass das Potenzial vergeben werde, «unser Geschäft» zu nutzen.
Design anstatt Öko-Ästhetik
«Es gibt bereits Trockentrenntoiletten für Camping oder Alphütten ohne Kanalisationsanschluss», ergänzt Delia Gregor. Die erhältlichen Modelle hätten aber eine «Öko-Ästhetik», seien eher praktisch als schön. Und das schrecke viele Leute ab. «Unsere Toilette ist für den urbanen Kontext gedacht und funktioniert auch im Hochhaus.»
Anstatt alles in die Kläranlage zu spülen, könnte mit der getrennten Sammlung von Urin und Kot der von der Natur vorgesehene Kreislauf geschlossen werden, erklärt Julian Gisler die Idee.
Der Urin beinhalte viele Nährstoffe, während der Kot vor allem aus Biomasse bestehe. Beim System «Doppelnull» werde aus Kot Humuserde, aus dem Urin Dünger.
«Natürlich bräuchte es Zwischenschritte, damit unsere Fäkalien pathogenfrei sind, also keine Krankheitserreger enthalten. Dazu laufen Forschungen.»
Mit dem Kot zum Tausch
Für die getrennte Sammlung nutzt die neuartige Toilette zwei Behälter. Der Urin wird gesammelt und entleert sich selbstständig nachts über die Abwasserleitung in einen Tank im Keller.
Der Kot geht in einen Behälter, der jedoch geleert werden muss. Den beiden Industrial Designern schwebt eine Art Austausch-System vor. Der volle Behälter könnte an einer Sammelstelle abgegeben werden, ein leerer Behälter käme mit nach Hause.
Von der zentralen Sammelstelle würde der Kot einen ähnlichen Weg gehen wie heute die Küchenabfälle: in eine Art Kompostierungsanlage. Dort würde aus den Exkrementen Erde und Wärmenergie.
Die beiden Designer betonen, das Geruchsproblem sei weniger gross als man denke. Erst die Verbindung von Kot und Urin stinke. Wichtig sei natürlich, dass aus dem System möglichst wenig Gerüche kommen – und das wäre technisch möglich.
Viel Wissen ist schon vorhanden
Das neuartige System von Delia Gregori und Julian Gisler ist eine Vision. Es soll aber ein Denkanstoss sein. Das ansprechende Design soll dazu dienen, dass das Thema enttabuisiert wird und darüber gesprochen werden kann. Voraussichtlich können sie ihr Projekt in der Stadtgärtnerei Zürich zeigen, im Rahmen einer Ausstellung zu nachhaltigen Sanitärsystemen.
Der Traum wäre, dass es mit der Idee weitergehe, so Gregori. In der Schweiz sei viel Wissen zur Abwasserbeseitigung vorhanden – beim Wasserforschungsinstitut Eawag oder den grossen internationalen Sanitärfirmen Geberit und Laufen. Die Schweiz mit ihren Ressourcen könne eine Vorreiterrolle übernehmen, damit auch andere Länder profitieren könnten.