Sie sieht aus wie eine normale Toilette und wird mit Wasser gespült. Aber durch einen raffinierten Mechanismus fliesst der Urin fast unverdünnt separat ab. «Urin und Kot sind wertvolle Rohstoffe», sagt Kai Udert, Professor am Wasserforschungsinstitut Eawag.
Hier gibt es nur noch solche Trenntoiletten. «Wir sollten unsere Ausscheidungen direkt nutzen, statt sie erst mit viel Trinkwasser zu vermischen – um sie dann in den Kläranlagen mühsam wieder zu separieren.»
Mit Urin düngen, mit Kot heizen
«Pro Tag sammeln wir hier etwa 400 Liter Urin», sagt Udert. Der Professor der Eawag steht vor vier grossen Plastiktanks im Keller des Hauptgebäudes, nicht weit von der Mensa. «Geruch und Hygiene sind kein Problem», sagt Udert. Der Urin fliesse von den Trenntoiletten der verschiedenen Gebäude über Leitungen hierher und wird in mehreren Schritten bearbeitet. Am Schluss entsteht ein hochwertiger Pflanzendünger mit Phosphor, Stickstoff, Kalium und vielen Spurenelementen.
Auch Kot könnte genutzt werden. Das wird in einem weiteren Gebäude der Eawag versuchsweise gemacht. Man kann den getrockneten Kot in Form von Pellets zum Heizen brauchen – oder daraus Kompost oder Pflanzenkohle herstellen.
Unsere Schwemmkanalisation ist nicht mehr zukunftsfähig.
Es brauche ein Umdenken, sagt Max Maurer, ebenfalls Professor und Umweltingenieur am Wasserforschungsinstitut. Würde man den Urin der Schweizerinnen und Schweizer konsequent nutzen, müsste man keinen Phosphor mehr aus dem Ausland für Düngezwecke einführen. Es brauche deshalb in der Schweiz kleinere und dezentrale Kläranlagen, schrieben die beiden Professoren der Eawag in einem viel beachteten Artikel. Die herkömmliche Schwemmkanalisation sei «nicht mehr zukunftsfähig».
Grosse Diskussionen und Verärgerung
Mit ihrer Forderung nach einem dezentralen Abwassersystem machen sich die Eawag-Professoren nicht nur Freunde. «Bei uns hat das zu grossen Diskussionen und zu Verärgerung geführt», bestätigt Stefan Hasler. Er ist Direktor des Verbandes der Abwasser- und Gewässerschutzfachleute VSA. Hasler hält es für «nicht sinnvoll», eine neue Infrastruktur mit Urinleitungen und Mini-Kläranlagen aufzubauen.
Schliesslich habe die Schweiz schon gegen 120 Milliarden Franken in ihr bisheriges Kanalisationsnetz und die Kläranlagen gesteckt. «Zudem frage ich mich», sagt Hasler, «wer sorgt denn dafür, dass die vielen kleinen Anlagen professionell betrieben werden? Und wer holt die Rückstände aus den Innenstädten ab?»
Paris führt Trenntoiletten ein
Die beiden Eawag-Professoren bestreiten nicht, dass es noch zahlreiche offene Fragen gibt. «Wir sind zum Beispiel dabei, mit Sensoren ein günstiges Überwachungssystem für Mini-Kläranlagen zu entwickeln», sagt Maurer. Es gehe nicht um einen sofortigen Wechsel, sondern um einen langfristigen Umbau.
An manchen Orten wird bereits umgesetzt, was sie propagieren. In Paris zum Beispiel kann die Seine nicht noch mehr Wasser aus Kläranlagen schlucken. Die Wasserqualität ist jetzt schon zu schlecht. Deshalb fördere die Stadt nun in Neubauquartieren Trenntoiletten, sagt Kai Udert. Bei diesen Toiletten wird der Urin wie an der Eawag separat abgeführt und verarbeitet. Wichtig sei dabei, dass es einfach und hygienisch bleibe.