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Jugendgewalt wird brutaler
Aus Schweiz aktuell vom 18.10.2022.
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Das sagen die Zahlen Jugendgewalt – wie schlimm ist es wirklich?

Die Schlagzeilen zu Jugendgewalt häufen sich zurzeit. Im schlimmsten Fall enden Auseinandersetzungen tödlich. Welches Ausmass hat das Phänomen angenommen?

Am vergangenen Sonntag stirbt in Sirnach im Kanton Thurgau ein 18-Jähriger durch die Hand eines anderen Menschen. Ein 15-Jähriger wird daraufhin verhaftet. Es ist nur einer von mehreren spektakulären Fällen in den vergangenen Wochen und Monaten.

In Oetwil am See (ZH) kommt Anfang Oktober ein 17-Jähriger zu Tode. Rund ein Jahr zuvor stirbt in Geuensee im Kanton Luzern ein 20-Jähriger nach Messerstichen.

Nicht die erste Welle der Gewalt

Gemäss dem Bundesamt für Statistik nahm die Anzahl von Gewaltstraftaten, die durch Jugendliche ausgeübt wurden, zwischen 2020 und 2021 um 2.4 Prozent zu. Schaut man auf den Zeitraum zwischen 2018 und 2021, beträgt das Wachstum gar 37.2 Prozent.

Der Blick auf den bevölkerungsreichsten Schweizer Kanton Zürich zeigt das Bild eines wiederkehrenden Phänomens. Ging die Jugendgewalt bis zur Mitte der 2010er-Jahre zurück, lässt sich seither wieder ein Wachstum feststellen.

Gleich in mehreren Kategorien wurden zwischen 2005 und 2008 Spitzenwerte erreicht. Dann kam die Trendwende. 2014 war das wohl friedfertigste Jahr der jüngeren Vergangenheit.

Gemäss den Expertinnen und Experten des Jacobs Center an der Universität Zürich zeigen die offiziellen Verzeigungen jedoch nur einen Teil des Gesamtbildes. Mit ihren Befragungen wollen sie sicherstellen, dass auch die Dunkelziffer berücksichtigt wird. Demnach gab im vergangenen Jahr jeder vierte Jugendliche im Kanton Zürich an, schon einmal Opfer eines Gewaltdelikts geworden zu sein.

Dass die Jugendgewalt in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, hat auch damit zu tun, dass seit den 1990er-Jahren immer mehr Taten im öffentlichen Raum geschehen. Viele der Opfer werden wahllos ausgesucht, was sich auf das Sicherheitsempfinden vieler Jugendlicher auswirkt.

Urbane Gebiete wie Zürich sind von diesem Phänomen stärker betroffen. Das zeigen die Zahlen. Allerdings werden dort wohl nicht zuletzt aufgrund der Nachbarschaft zu mehreren Hochschulen die Daten auch regelmässiger und detaillierter erhoben als in kleineren Kantonen. Viele der Merkmale der Gewalt dürften auch auf den Rest der Schweiz zutreffen.

Einige wenige begehen viele Taten

Gewaltdelikte sind nur eine Kategorie der Jugendkriminalität. Im Vergleich mit anderen Delikten fällt ihr Wachstum moderat aus. So haben sich etwa die Straftaten gegen die sexuelle Integrität unter Jugendlichen schweizweit seit 2018 verdreifacht.

Doch es sind die vergleichsweise wenigen Fälle von schwerer Körperverletzung, die im kollektiven Gedächtnis haften bleiben.

Gemäss Forscherinnen und Forschern ist es eine kleine Gruppe an Tätern, die sehr viel Schaden anrichtet. Die Autorinnen und Autoren einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) kommen zum Schluss, dass fünf Prozent aller Teenager drei Viertel aller Straftaten ausüben.

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Aus dem Archiv: Brutale Gewalt unter Jugendlichen
Aus Rundschau vom 17.11.2021.
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Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Universität Zürich verweisen darauf, dass die Hochrisikogruppe im langjährigen Vergleich seit 1999 kaum angewachsen ist, deren Exponenten aber rund doppelt so viele Straftaten begehen.

Besorgniserregender Trend

Es fragt sich, inwiefern diese Fakten Aufschluss über die Gründe für durch Jugendliche begangene Tötungsdelikte geben. Die Zahlen in diesem Bereich sind beunruhigend. 2015 waren es schweizweit nur zwei Jugendliche, die wegen eines Tötungsdelikts im Verdacht standen. Bis 2020 schnellte die Zahl auf 39 hoch.

Insgesamt ist die Anzahl der Tötungsdelikte in der Schweiz relativ stabil. Die Gruppe der Jugendlichen entwickelt sich also gewalttätiger als andere Gruppen. Die Gründe dafür sind in der Forschung nicht abschliessend erarbeitet. Die weitverbreitete Erhältlichkeit von Stichwaffen dürfte aber eine Rolle spielen. Dirk Baier, Gewaltforscher an der ZHAW, sagt: «Wenn ein Messer im Spiel ist, ist schnell eine Wunde da, die man nicht mehr zuhalten kann, an der man im schlimmsten Fall gar verblutet.»

(Wohl) kein Corona-Trend

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Sowohl die Forschenden der Universität Zürich als auch ihre Kolleginnen und Kollegen der ZHAW zeigen sich zurückhaltend, was die Folgen der Pandemie für die Jugendgewalt betrifft.

Faktoren, wie der mit der Pandemie und den beschlossenen Massnahmen einhergehende Frust und Stress bei Jugendlichen auf der einen und die Schliessung grosser Teile des öffentlichen Raumes auf der anderen Seite hätten sich wohl gegenseitig neutralisiert. Beide Forschungsgruppen betonen, dass das Wachstum der Jugendgewalt bereits vor der Pandemie begonnen habe.

Schweiz aktuell, 18.10.2022, 19 Uhr

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