Erfolgserlebnisse gab es durchaus für Lisa Mazzone und die Grünen in den letzten zwölf Monaten. So hat die Partei wesentlich dazu beigetragen, dass in der Volksabstimmung im letzten November der geplante Autobahnausbau abgelehnt wurde.
Auch sonst fühlt sich Mazzone, die viel im ganzen Land unterwegs ist, wohl in ihrer Haut als Parteipräsidentin. «Ich war bereits in allen Kantonen, in manchen auch mehrmals», sagt die Genferin an der Delegiertenversammlung ihrer Partei in Brig VS.
Dabei habe sie gemerkt, dass es viele Kräfte gebe, die aktiv für Klimaschutz und Gleichstellung eintreten würden. «Nun ist es wichtig, dass wir diese Kräfte mit den nationalen Grünen verbinden.»
Und doch: Ganz zufrieden kann sie nicht sein. Die Grünen mussten nicht nur bei den Nationalratswahlen im Herbst 2023 Verluste hinnehmen, sondern auch bei den meisten kantonalen Wahlen, die seitdem stattgefunden haben – so wie unlängst in Solothurn und Neuenburg.
Mazzone lässt sich davon nicht entmutigen. Aber sie sagt auch: Was den Grünen in Abstimmungskämpfen gut gelinge, müssten sie auch in Wahlkämpfen schaffen. «Es geht um die Basisarbeit, wir müssen auch für Wahlen und Köpfe mobilisieren können.» Die Wählerschaft der Grünen engagiere sich für konkrete Anliegen, und das sei verständlich. «Aber die Wahlen machen den Unterschied.»
Bessere Mobilisierung ist für die Grünen also das Gebot der Stunde. Die eigentlichen Hochburgen der Grünen sind die Städte. Auf dem Land und in den Agglomerationen gibt es noch Nachholbedarf. Das sei ihr bewusst, betont Mazzone. Und die Partei habe auch schon erste Schritte in diese Richtung unternommen.
Zum Beispiel hätten die Grünen kürzlich einen Sitz in der Exekutive von Sursee gewonnen, «einer typischen Agglogemeinde.» Und auch auf dem Land seien zuletzt Ortsparteien gegründet worden, so die ehemalige Ständerätin. «Grün» gebe es also auch ausserhalb der Städte, aber gerade organisatorisch müsse noch mehr getan werden.
Veränderte Themenkonjunktur
Dass die Grünen in einer Schwächephase stecken, sei nicht verwunderlich, sagt der Politikwissenschaftler Georg Lutz von der Universität Lausanne. Denn die Themenkonjunktur habe sich verändert – zuungunsten der Partei. «Als die Grünen rund um die nationalen Wahlen 2019 im Hoch waren, waren der Klimawandel und seine Folgen in aller Munde.» Mittlerweile dominierten aber andere Themen: der Krieg in der Ukraine, Inflation, wirtschaftliche Unsicherheit. Deswegen würden nun andere Parteien bei Wahlen profitieren, sagt Lutz.
Das Klimathema wird sicher wieder wichtiger werden. Denn die Folgen des Klimawandels werden auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu spüren sein.
Gleichzeitig ist der Politologe überzeugt, dass die grünen Kernthemen Klima und Umwelt keineswegs in der Versenkung verschwunden seien. «Das Klimathema wird sicher wieder wichtiger werden. Denn die Folgen des Klimawandels werden auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu spüren sein.» Und das könne auch den Grünen als Partei wieder Rückenwind geben.
«Effort der Vorfahren» wiederholen
An der Delegiertenversammlung der Grünen betont der Freiburger Nationalrat und Unternehmer Gerhard Andrey, der ökologische Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft könne auch eine Chance sein. «Unsere Vorfahren haben die Institutionen und Infrastrukturen, von denen wir heute profitieren, mit einem riesigen Effort gebaut. Jetzt ist es an unserer Generation, das Gleiche für unsere Nachkommen zu tun.»
Diese Botschaft müsse man versuchen rüberzubringen. Auch wenn es keine leichte Aufgabe sei.