Es soll der grosse «Green Deal» werden: 2020 will die neue EU-Führungsriege um Ursula von der Leyen beim Klimaschutz neue Massstäbe setzen. 260 Milliarden Euro pro Jahr sollen investiert werden und Europa so der weltweite Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden.
Die EU-Industrie wird künftig scharfe Umweltauflagen erfüllen müssen. Gleichzeitig sollen klimaschädlich hergestellte Billigimporte mit neuen Zöllen aus Europa fern gehalten werden – respektive Produzenten ausserhalb Europa dazu gezwungen werden, ebenfalls umweltschonend zu produzieren.
Klima-Zölle für ökologisch minderwertige Produkte
Solche neuen Zölle fordert Georg Klingler, Leiter Klima von Greenpeace, auch für die Schweiz. Im Inland gingen die CO2-Emissionen zurück. Allerdings verursachen Schweizerinnen und Schweizer im Ausland immer mehr CO2-Emissionen, indem sie billige ausländische Produkte kaufen, die unter schmutzigen Bedingungen hergestellt werden. «Es geht darum, dass wir die durch unseren Konsum verursachten Emissionen im Ausland endlich angehen», so der Greenpeace-Klimaexperte.
Durch Klima-Zölle würden ausländische Importe für Schweizer Konsumenten teurer. «Der Vorteil ist aber, dass damit die klimafreundliche Produktion im Inland gestützt wird», so Klingler. Würde etwa Plastikspielzeug aus Asien mit Klimazöllen verteuert, sei dies eine Chance für Schweizer Firmen die Holzspielzeuge herstellen, sagt Klingler. Klimazölle könnten auch bei Lebensmitteln angewendet werden, bei Kleidern, Elektronik oder Autos.
Sind Zölle unumgänglich?
Laut Klimapolitikerin Kathrin Bertschy von den Grünliberalen sei das Werkzeug der Klima-Zölle unumgänglich. «In der Landwirtschaft fordern wir das schon lange: Etwa für Mangos, die mit dem Flugzeug importiert werden, für Fleisch aus Massentierhaltung oder für Produkte mit Palmöl.»
Zölle könnten bewirken, dass solch ökologisch minderwertige Produkte in Zukunft nachhaltiger hergestellt würden.
Wirtschaft sieht Klima-Zölle kritisch
Bürgerliche Klimapolitiker finden, Klima-Zölle würden das Fuder der Klimamassnahmen überladen. FDP-Ständerat Damian Müller: «Wenn wir als kleines Land mit grossen Wirtschaftsnationen wie China, Russland oder den USA Handel betreiben wollen, dann sind Strafzölle ein falsches Zeichen. Wir würden eine Retourkutsche riskieren.»
Die Schweiz sei besser beraten, das Thema Nachhaltigkeit in Freihandelsverträgen zu thematisieren.
Vorerst reiche es, dass die Schweiz das neue CO2-Gesetz durchs Parlament bringe, die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens voran treibe und dass Innovation sowie Forschung in Sachen Klimaschutz intensiviert würde.
Um zu kontrollieren, ob Produkte im Ausland klimafreundlich produziert wurden, braucht es einen grossen Aufwand.
«Einbunkern» ergibt wenig Sinn
Ähnlich sieht es Jan Atteslander vom Wirtschaftsverband Economiesuisse. Er sieht in Klima-Zöllen mehr Probleme als Vorteile. «Um zu kontrollieren, ob Produkte im Ausland klimafreundlich produziert wurden, braucht es einen grossen Aufwand», gibt er zu bedenken.
Gewisse Produkte würden in der Schweiz und Europa nicht hergestellt: «Diese Produkte würden dann mit den neuen Zöllen für die Konsumenten viel teurer.» Ausserdem sei es nicht sinnvoll, wenn sich Europa mit neuen Zoll-Mauern einbunkere. «Das würde die Innovationskraft in Europa senken – denn unsere Unternehmen wären von der ausländischen Billig-Konkurrenz geschützt.»