Am Nachmittag wissen wir womöglich, wer künftig welches Departement im Bundesrat leiten wird – und auch, was bei den beiden frischgewählten Regierungsmitgliedern, Albert Rösti und Elisabeth Baume-Schneider, auf der Visitenkarte stehen wird.
Frei geworden sind das Finanzdepartement (EFD) und dasjenige für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Parteien und Verbände haben klare Präferenzen. Politologe Georg Lutz erklärt, wie sich ihr Powerplay auf die Entscheidfindung im Bundesrat auswirkt.
SRF News: Wie stark versucht man von aussen Druck auszuüben, welche Rolle die Bundesräte künftig in der Regierung einnehmen?
Es ist eindrücklich, wie viel Druck es vonseiten der Parteien und Verbände gibt. Es gab in den letzten Tagen und Wochen viele Diskussionen. Das steht in klarem Kontrast dazu, wie gross ihr Einfluss auf die Bundesräte tatsächlich ist. Die Departementsverteilung machen die Bundesräte untereinander aus. Nicht einmal der Bundeskanzler ist dabei, und es gibt auch kein Protokoll.
Unter dem Strich gilt als Bundesrat: Man muss bereit sein, jedes Departement zu übernehmen.
Persönliche Überlegungen, wo man hin will und noch etwas bewegen will, spielen eine viel grössere Rolle als das, was sich Parteien und Verbände wünschen. Die Bundesräte versuchen auch, Konsens untereinander herzustellen, auch das Anciennitätsprinzip wird hochgehalten.
Wirken denn die Druckversuche gar nicht?
Sie werden zur Kenntnis genommen. Aber für den Entscheid, wer welches Departement bekommt, halte ich das für mehr oder weniger irrelevant.
Aber mit diesem beschränkten Einfluss versuchen die Parteien dennoch, die Politik des Bundesrats mitzugestalten?
Die Parteien wünschen sich natürlich Departemente, bei denen für sie zentrale Bereiche abgedeckt werden. Die Bürgerlichen mögen Wirtschaft und Finanzen. Die Linken lieber das Uvek und das Innendepartement. Dann gibt es Departemente mit schwierigen Dossiers. Im Asylbereich kann man sich kaum Lorbeeren holen. Unter dem Strich gilt aber als Bundesrat: Man muss bereit sein, jedes Departement zu übernehmen.
Hat das Thema auch eine Bedeutung für den Wahlkampf der Parteien? Im Oktober nächsten Jahres stehen ja die eidgenössischen Wahlen an.
Wenn es auf die Wahlen zugeht, werden die Parteien immer etwas nervös. Die Bundesräte sind aber für den Ausgang einer Wahl weitgehend irrelevant. Sie müssen sich im Wahlkampf zurückhalten. Es gibt ein entsprechendes Aide-mémoire.
Die Gestaltungsmacht einzelner Bundesräte ist gar nicht so gross.
Dieses Merkblatt hält fest, dass sich Bundesräte nicht für den Wahlkampf einer Partei einspannen lassen dürfen. Sie sprechen öffentlich sowieso immer für den Gesamtbundesrat. Es kann unangenehm sein, wenn ein Bundesratsmitglied in einem Abstimmungskampf gegen seine Partei argumentieren muss. Aber deswegen verliert man keine Wahlen.
Inwiefern trägt ein Departement die politische Handschrift des Bundesratsmitglieds einer bestimmten Partei?
Auch hier verstehe ich die Aufregung manchmal nicht. An politischen Entscheiden sind sehr viele Akteure beteiligt: Parlament, Parteien, die Verwaltung, der Bundesrat als Gesamtgremium, Interessengruppen. Oft entscheidet auch noch das Volk. Die Gestaltungsmacht einzelner Bundesräte ist gar nicht so gross. Sie sitzen eher in der Schaltzentrale und können Prozesse steuern. Sie können eher etwas blockieren, was ihnen nicht gefällt. Politisch führt ein Departementswechsel aber eigentlich nie zu grossen Umwälzungen. Politik ist in vielen Dossiers ein Marathon, bei dem viele mitlaufen – ein Bundesrat kann mitgestalten, aber nur wenig allein entscheiden.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.