Truthähne werden brutal gepackt, mit Schwung in einen Transporter geworfen und Flügel oder Hälse dabei eingeklemmt. Diese schockierenden Bilder zeigt ein Video des deutschen Vereins Soko Tierschutz. Danach werden die Tiere über 500 Kilometer von Ungarn nach Deutschland gefahren. Die Vorwürfe des Vereins: Tiermisshandlungen bei der Verladung und lange Transporte unter grösster Hitze.
Das Pikante dabei: Die verantwortliche Süddeutsche Truthahn AG gehört der Coop-Tochterfirma Bell und ist ein wichtiger Lieferant für den Schweizer Grossverteiler.
Das bayrische Umweltministerium erklärte gegenüber dem Sender ZDF: «Wir haben nach Bekanntwerden der Vorwürfe die beteiligten Behörden gebeten den Sachverhalt aufzuklären und wollen in Zukunft natürlich Kontrollen durchführen.»
Nadja Brodmann vom Zürcher Tierschutz hat sich für «10vor10» das Videomaterial vom Truthahn-Transport angeschaut und ist schockiert.
Nicht nur die Behandlung, sondern auch der lange Transport sei für die Truthähne eine Belastung. Zwar dürfen auch in der Schweiz Tiere stundenlang transportiert werden, jedoch muss bei den Schweizer Transportboxen darauf geachtet werden, dass sie genug Platz haben. Denn insbesondere bei hohen Temperaturen können zu dicht gepackte Boxen zu Hitzestau und im schlimmsten Fall zum Tod der Tiere führen.
Die Süddeutsche Truthahn AG, die 2016 von Bell übernommen wurde, stand schon früher in der Kritik. So wurde 2014 die schlechte Haltung der Truthähne angeprangert. Damals wurde auch Coop als Partner der deutschen Firma kritisiert. Coop versprach die Einführung von «besonders tierfreundlichen Stallhaltungssystemen» (BTS) in allen Betrieben, die Fleisch von Deutschland in die Schweiz liefern.
Heute betont Coop, dass die BTS-Standards für ihr Fleisch zu 100 Prozent umgesetzt wurden – die Süddeutsche Truthahn AG ist aber noch immer einer von ihren Lieferanten. Wie die Statistik von der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) zeigt, stammt das Trutenfleisch in der Schweiz vor allem aus Ungarn und Deutschland.
Bell reagiert auf die Recherchen der deutschen Tierschützer: Man habe unangemeldete Kontrollen bei den ungarischen Aufzuchtsbetrieben angeordnet und den betroffenen Betrieb vorläufig gesperrt.
Auf Anfrage von «10vor10» betont Bell, dass nur wenige der in Süddeutschland geschlachteten Truten aus Ungarn stammen würden. Alle ungarischen Betriebe würden von einer unabhängigen Stelle kontrolliert.