Die Schweizer Aussenpolitik ist täglich Thema: Verhältnis zur EU, Umgang mit China oder Russland, Menschenrechte. Welche Richtlinien und Pflichten in der Aussenpolitik gelten und welche Themen im Vordergrund stehen, erläutert ein Experte vom Aussenpolitik-Thinktank «foraus».
SRF News: Wo liegen die Kompetenzen des Bundesrats?
Lukas Hupfer: Die Bundesverfassung sieht vor, dass die Kompetenz der Aussenpolitik beim Bund ist. Basierend auf der Bundesverfassung kann der Bundesrat entscheiden, mit welchen Ländern er zum Beispiel zu welchen Themen verhandeln und interagieren möchte. Dies aber immer in Rücksprache mit dem Parlament und den Kantonen. Und nicht zuletzt auch unter Miteinbezug der Schweizer Bevölkerung.
Gibt es Richtlinien oder eine Art Leitbild, nach denen sich die Schweizer Aussenpolitik richtet?
Grundsätzlich ist es die Bundesverfassung. Das heisst, der Bundesrat muss die Freiheit und die Rechte des Volkes und auch die Unabhängigkeit der Schweiz wahren. Darauf basierend erarbeitet die Landesregierung jeweils eine aussenpolitische Strategie über vier Jahre. Aktuell soll er sich für Frieden und Sicherheit einsetzen, zum Beispiel mit einem Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Das Aussendepartement (EDA) hat zum Beispiel festgelegt, wie sich die Schweiz im Nahen Osten engagieren möchte.
Der Bundesrat muss die Freiheit und die Rechte des Volkes und auch die Unabhängigkeit der Schweiz wahren.
Gibt es für einzelne Länder oder Regionen konkrete Strategien?
Es gibt eine ganze Kaskade von Dokumenten und Strategien in der Aussenpolitik. Auf der aussenpolitischen Strategie über vier Jahre basiert die Strategie zu einzelnen Ländern. So gibt es etwa zu China eine neue Strategie, aber auch zu Themen wie Digitalisierung. Diese einzelnen Strategiedokumente werden vom EDA zusammen mit den anderen Departementen erarbeitet und dann vom Bundesrat zur Kenntnis genommen.
Warum ist die Aussenpolitik für die Bevölkerung manchmal schwierig greifbar?
In jedem Kontext muss sich die Schweiz bewusst sein, welche Interessen sie jeweils verfolgt. Der Bundesrat muss der Bevölkerung erklären können, wieso er dies oder das macht. Dann muss es eine Abwägung und im bestmöglichen Fall eine Kohärenz geben im Vorgehen, wie die verschiedenen Interessen verfolgt werden. Nebst den Interessen gibt es selbstverständlich auch Werte in der Aussenpolitik. Die Schweiz möchte sich auch für Beziehungen zwischen den Ländern einsetzen. Das betrifft zum Beispiel ihre humanitäre Tradition oder die Beachtung des Völkerrechts. An letzterem hat die Schweiz als Kleinstaat ein sehr grosses Interesse.
In der Schweiz ist das System auf Konsens ausgerichtet. Ist dieser Konsensansatz mit der Aussenpolitik gut verträglich? Lähmt der Konsens vielleicht in gewissen Bezug die Aussenpolitik?
Im Gegenteil. Im Vergleich zu anderen Ländern kann die Regierung die Aussenpolitik nicht allein bestimmen. In der Schweiz muss sie auch die Kantone konsultieren, beispielsweise in der Europapolitik. Da gibt es rechtliche Vorgaben, was der Bundesrat machen muss oder nicht.
Der Einbezug der Bevölkerung legitimiert die Aussenpolitik und hilft dem Bundesrat, die Schweiz so gegen aussen zu vertreten, wie es die Schweizer Bevölkerung möchte und als sinnvoll erachtet.
Das andere ist der Miteinbezug der Bevölkerung, die innenpolitische Legitimität der Aussenpolitik. In der Schweiz erfolgt das auch über direktdemokratische Werkzeuge wie Initiativen und Referenden. Das legitimiert die Aussenpolitik und hilft dem Bundesrat, die Schweiz so gegen aussen zu vertreten, wie es die Schweizer Bevölkerung möchte und als sinnvoll erachtet.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.
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