Es geht um anzügliche SMS von ihrem damaligen Chef, es geht um Hakenkreuze, die er ihr in die Texte gekritzelt hat, wenn in der Schweiz unübliche Wörter drin standen. Und es geht darum, ob ihre ehemalige Arbeitgeberin sie im Stich gelassen hat.
Für die Journalistin Anuschka Roshani ist klar: Der Verlag Tamedia habe zu lange nichts unternommen gegen das unzumutbare Verhalten ihres Vorgesetzten. Deshalb klagt sie vor Gericht – am Montag hat der Prozess am Zürcher Arbeitsgericht begonnen.
«Ein wichtiger Schritt»
Das sei ein wichtiger Schritt, findet die Mediengewerkschaft Syndicom. Denn ihre Geschichte sei kein Einzelfall, sagt Stephanie Vonarburg. «Es ist effektiv so, dass sie einfach lange, lange nicht gehört wurden», so Vonarburg. Damit meine sie nicht nur die Geschichte von Anushka Roshani – auch weniger prominente Fälle seien intern thematisiert worden. Jedoch sei danach nicht gehandelt worden.
Tamedia selber wollte sich heute auf Anfrage von Radio SRF nicht äussern. Das Unternehmen betonte aber in früheren Mitteilungen, dass sie durchaus auf die Vorwürfe der Mitarbeiterinnen reagiert habe. Konkret seien mehr Frauen in Führungspositionen eingesetzt worden. Zudem sei eine Kommission gebildet worden, die einen langfristigen Kulturwandel bringen soll – und es gibt neu Vertrauenspersonen, an die sich Angestellte wenden können, wenn sie sich diskriminiert fühlen.
Diese eingeleiteten Massnahmen von Tamedia begrüsst Stephanie Vonarburg von Syndicom: «Es geht, denke ich schon, in die richtige Richtung. Das Problem ist damit aber noch nicht vom Tisch.» Es seien jahrzehntelange Praktiken und Kulturen, die sich nicht einfach so veränderten.
Vielerorts haben sich Frauen zu Wort gemeldet
Es bleibe also viel zu tun: bei Tamedia, aber auch in der gesamten Medienbranche. Denn auch bei der SRG – zu der auch Radio SRF gehört – oder beim Online-Magazin «Republik» haben sich Frauen wegen sexueller Belästigung gemeldet.
Corina Alchenberger ist Mediatorin und sie berät Organisationen, wenn solche Fälle auftauchen. Aus ihrer Sicht kann es helfen, wenn Frauen – wie jetzt Anuschka Roshani – vor Gericht gehen. Damit sich sexuelle Diskriminierung verhindern oder mindestens reduzieren lässt, brauche es aber Bewegung auf allen Ebenen, so Alchenberger.
Der Kulturwandel beginne damit, dass man sich klar werde, dass es immer noch sexuelle Belästigung gibt und alle Teil davon seien, weil es ein gesellschaftliches oder strukturelles Problem sei. «Deshalb können alle einen Beitrag leisten», sagt Alchenberger.
Ein Urteil zur Klage von Anuschka Roshani gibt es heute noch keines. Genauso wenig wie eine einfache Lösung, wie sich Diskriminierung am Arbeitsplatz verhindern lässt.