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Die Fristenlösung ist in der Schweiz gut verankert
Aus Echo der Zeit vom 16.07.2022. Bild: Keystone
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Diskussion um Fristenlösung Diskussion über «Recht auf Leben» oder «Recht auf Abtreibung»

20 Jahre nach der Volksabstimmung über eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in der Schweiz, die mit über 70 Prozent angenommen worden ist, beginnt wieder eine Diskussion über das «Recht auf Leben» oder das «Recht auf Abtreibung». Zwei Volksinitiativen wollen den Zugang zur legalen Abtreibung einschränken.

Vor 20 Jahren kämpfte Barbara Haering für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in der Schweiz. Die SP-Nationalrätin hatte im Parlament die Abstimmung darüber angestossen. Heute, mit 68, ist sie wieder bereit, zu kämpfen, falls die Fristenregelung gefährdet wäre: «Wenn man eine so stark ideologisch geprägte Position hat, wie das Abtreibungsgegnerinnen und -gegner haben, dann ist es für mich selbstverständlich, dass sie diese Frage immer wieder auf den Tisch bringen werden.»

Zwei neue Initiativen zur Fristenregelung

Zwei Komitees unter der Leitung von SVP-Nationalrätinnen haben die Diskussion über die Fristenregelung in der Schweiz neu lanciert. Mit einer Volksinitiative wollen sie Abbrüche praktisch verbieten, wenn das Kind ausserhalb des Mutterleibes lebensfähig ist. Eine andere Initiative verlangt eine Bedenkfrist von 24 Stunden vor einem Eingriff.

Für Barbara Haering braucht es diese Initiativen nicht, sie würden nichts ändern, denn bereits heute dürfe ein lebensfähiger Fötus nur aus medizinischen Gründen abgetrieben werden. Und zwischen Beratung und Eingriff vergehe ohnehin immer mindestens ein Tag. Das Ganze hält sie für eine Stimmungsmache gegen Frauen: «Diese Initiativen sind nicht realpolitisch, sondern ideologisch motiviert und instrumentalisieren die Fristenregelung gegen Frauen.»

Dass sich die Bevölkerung so spalten lässt wie in den USA glaubt Barbara Haering nicht. In der Schweiz sei die Bevölkerung viel weniger polarisiert. Der legale Abbruch bis zur 12. Woche der Schwangerschaft werde kaum in Frage gestellt. Er sei breit akzeptiert und die Position der Frauen gefestigt: «Diese Gesellschaft ist so stark auf uns Frauen angewiesen, dass sich für die Schweiz nicht mit diesem Backlash rechne.»

Diskussion soll stattfinden

Der Verein «Marsch fürs Läbe» setzt sich gegen Schwangerschaftsabbrüche ein. Mediensprecherin Beatrice Gall sieht die legale Abtreibung nicht gefährdet, aber sie stört sich an der Wortwahl: «Es gibt nicht ein Recht auf Abtreibung, eigentlich gibt es ein Recht auf Leben. Und eine Abtreibung darf eigentlich nur stattfinden unter bestimmten Umständen.»

In der Schweiz gab es im vergangenen Jahr 11’000 Abtreibungen, die Zahl steigt seit 2017 wieder an. Viel zu viele für den Verein «Marsch fürs Läbe». Darum unterstütze man die beiden Initiativen klar. Eine Bedenkzeit von einem Tag hält Beatrice Gall für besonders wichtig: «Wenn wir uns vorstellen, in unserem Leben treffen wir täglich Entscheidungen, die viel weniger schwerwiegend sind und für die wir uns viel mehr Zeit nehmen.» 

Politologen geben den beiden Anliegen wenig Chancen, im Volk eine Mehrheit zu finden. Doch die Diskussion darüber sei nötig, sagt Beatrice Gall. Dafür lohne sich der Kampf für wohl wenig aussichtsreiche Volksbegehren: «Weil man jede Chance nutzen muss, um Leben zu retten.»

Wenig halten Beatrice Gall wie auch Barbara Haering von einem dritten Vorschlag zum Thema Abtreibung. Nationalrätin Léonore Porchet (Grüne/VD) plant einen Vorstoss und will die Fristenregelung aus dem Gesetz streichen. So könnten Frauen nicht mehr für eine Abtreibung bestraft werden, egal in welcher Woche der Schwangerschaft der Eingriff vorgenommen würde.

Echo der Zeit, 16.07.2022, 18:00 Uhr

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