- Die bekannte Aargauer Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel tritt spätestens Ende der laufenden Legislatur im Herbst 2023 zurück. Das sagte die 65-Jährige in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung».
- In der Frage um einen möglichen vorzeitigen Rücktritt fühlt sie sich von ihrer Kantonalpartei «gemobbt».
- Parteipräsidentin Marianne Binder weist den Vorwurf zurück. Ein Gespräch soll Klärung bringen
Die Mitte-Partei des Kantons Aargau hatte bereits öffentlich verlauten lassen, dass Nationalrätin Ruth Humbel dieses Jahr abtreten werde. Nachrücken soll für die Nationalrätin der Winzer Andreas Meier. Vor den Sommerferien ist er deswegen bereits vorsorglich aus dem Aargauer Kantonsparlament zurückgetreten.
Humbel gehört zu den profiliertesten Gesundheits- und Sozialpolitikerinnen der Schweiz. Sie ist seit 2003 im Parlament. Die derzeitige Legislatur ist die letzte der Nationalrätin. Die Periode läuft noch bis Dezember 2023.
Deutliche Kritik von Humbel
«Es ist schon ein Druck, den man als Mobbing bezeichnen kann», sagte Humbel. «Zuerst die Ankündigung, ich gehe im Sommer und jetzt der Rücktritt von Andreas Meier aus dem Grossen Rat und seine Ankündigung, er rücke für mich nach.» Laut Humbel haben zwar Gespräche zwischen der Mitte-Partei und ihr über einen allfälligen früheren Rücktritt stattgefunden. Dabei sei aber nicht vereinbart worden, dass sie bereits im Sommer den Rücktritt gebe, sagt die 65-Jährige.
Aber ich lasse mich nicht unter Druck setzen, ich lasse mich nicht treiben.
Einen vorzeitigen Rücktritt aus parteitaktischen Gründen vor den Wahlen im Herbst 2023 schliesst Humbel zwar nicht aus. «Aber ich lasse mich nicht unter Druck setzen, ich lasse mich nicht treiben», sagte sie im Interview.
Für die Politikerin steht im Moment noch die AHV-Abstimmung am 25. September im Vordergrund. Die Abstimmung ist wichtig für die Nationalrätin, denn: «In den 19 Jahren, die ich Nationalrätin bin, haben wir noch nie eine Sozialwerk-Reform durchgebracht. Die Zeit ist reif.»
Parteipräsidentin kontert Kritik
Mobbing: Ein happiger Vorwurf von Nationalrätin Humbel. Marianne Binder, Präsidentin der Aargauer Mitte-Partei, weist diesen gegenüber dem Regionaljournal Aargau Solothurn von Radio SRF zurück. Sie wolle die schwierige Situation um den Rücktritt in einem Gespräch mit Ruth Humbel klären. Die Nationalrätin spreche auch mit der Partei nicht über das Thema, sagte Binder bereits vor einigen Wochen.
Offenbar ist der einzige Hinweis auf einen Rücktritt bisher eine Aussage von Humbel von 2017 im «Blick». Damals kündigte sie an, dass sie Ende 2019 für zwei Jahre das Präsidium der nationalrätlichen Sozial- und Gesundheitskommission übernehmen möchte. Danach könne sie den Platz für jüngere Kräfte frei machen. Ihre Partei stützte sich darauf und rechnet mit dem Rücktritt. Die neuen Aussagen gegenüber der «Aargauer Zeitung» können nun allerdings anders interpretiert werden.
Das Gespräch mit der Parteipräsidentin soll jetzt Klarheit bringen. Und es soll auch die parteiinterne Kommunikation wieder zum Laufen bringen.