Der Onlineshop Glamstore wirbt gekonnt auf Instagram oder Facebook: Auf Hochglanz-Bildern posieren Models in teuren Kleidern, wahlweise am Strand oder in schnellen Autos. «Schweizer Unternehmen, sicher einkaufen, Kauf auf Rechnung», steht in der Beschreibung. Die Werbung verlockt viele junge Frauen zum Kauf. So auch Lisa B.. Im Sommer 2018 bestellte sie Kleider für gut 400 Franken – auf Rechnung.
Nach dem Klick passierte nichts. Lisa B. bekam weder Rechnung noch Ware. Zwei Jahre später die böse Überraschung: Per Mail erhielt sie eine Zahlungsaufforderung von Glamstore. Vergeblich versuchte Lisa B. Kontakt mit dem Onlineshop aufzunehmen und verweigerte die Zahlung. Es folgten Rechnungen und Anrufe des Inkassobüros Inkassodata AG. «Ich bekam ständig Telefonate. Das wurde so lästig, dass ich die Nummer irgendwann blockierte», sagt Lisa B. heute.
Kein Einzelfall
Lisa B. ist kein Einzelfall. «Kassensturz» sprach mit einem Dutzend ehemaliger Kundinnen von Glamstore. In einigen Fällen wurden gleich mehrere Betreibungen eingeleitet.
Glamstore schreibt «Kassensturz», die Kundinnen seien darauf hingewiesen worden, dass Erstkunden nur auf Vorkasse bestellen können. Auf den Bestellbestätigungen, die «Kassensturz» vorliegen, ist das erst im Kleingedruckten ersichtlich.
«Wenn man bei der Bestellung auswählen kann, ob per Vorauskasse oder per Rechnung bezahlt wird, kann das nicht nachträglich geändert werden, indem es auf der Bestellbestätigung anders formuliert ist», sagt Martin Steiger. Der Anwalt ist auf Recht im digitalen Raum spezialisiert.
Nach negativen Bewertungen wird gedroht
Als die Frauen daraufhin negative Bewertungen veröffentlichen, drohte Glamstore damit, rechtliche Schritte einzuleiten, sollten die Bewertungen nicht gelöscht werden. Auch sagte Glamstore, man erst dann eine Betreibung zurückzuziehen, wenn die verärgerten Kundinnen ihre Bewertung löschen.
«Die Verknüpfung von Betreibungen oder von Geldforderungen mit der Löschung von Bewertungen halte ich nicht für zulässig», sagt Anwalt Steiger dazu. Er warnt aber vor übereilten Bewertungen: «Man darf keine Straftat vorwerfen, wenn es kein Urteil dazu gibt. Zu sagen, der Onlineshop ist betrügerisch, ist heikel.» Bewertungen müssten zudem wahr und sachlich sein, ohne unnötig herabzusetzen oder zu verletzen.
Billig-Kleider teurer weiterverkauft
«Kassensturz» findet viele der Kleider des Onlineshops Glamstore in identischer Form auf der chinesischen Plattform Aliexpress – rund viermal günstiger. Ein solches Geschäftsmodell nennt sich Dropshipping. Das habe stark zugenommen, beobachtet Anwalt Martin Steiger. «Dropshipping ist praktisch für den Onlineshop aber häufig nachteilig für die Konsumentinnen. Die Lieferung dauert lange, die Produkte können gefälscht sein oder fragwürdige Qualität aufweisen. Und häufig leidet der Kundendienst. Gerade jetzt in der Pandemie haben aber viele das Dropshipping entdeckt. Sie hoffen damit das Einkommen, dass vielleicht verloren gegangen ist, zu ersetzen.»