Einen grossen Auftritt hatte die Bieler Persönlichkeit bereits am Montag ihrer Heimatstadt Biel. Im Publikum zeigt man sich mehrheitlich aufgeschlossen für einen amtlichen Eintrag für ein drittes Geschlecht. «Grundsätzlich sollten wir uns Deutschland anpassen, die haben so einen Geschlechtseintrag», sagte eine Frau. «Ich bin dafür, denn das sind arme Menschen, die sehr darunter leiden», eine andere. Nur eine Besucherin meinte: «Ich verstehe nicht ganz, warum er noch nicht herausgefunden hat, was er ist.»
2022: Bundesrat äussert sich ablehnend
Das Anliegen für ein amtliches 3. Geschlecht ist nicht neu. Bereits 2022 hatte sich der Bundesrat dazu geäussert und geschrieben, die gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür seien derzeit nicht gegeben. Eine aktuelle Tamedia Umfrage scheint das zu bestätigen. 57 Prozent von über 12'000 Befragten haben sich gegen einen entsprechenden Eintrag ausgesprochen.
Das ist ganz im Sinn von SVP Ständerätin Esther Friedli. Unsere Gesellschaft sei auf Binarität aufgebaut. Frauen und Männer seien einander zwar gleichgestellt. Trotzdem gebe es Unterschiede, sagt sie.«Denken wir an die Wehrpflicht, die in der Schweiz nur für Männer besteht. Und wenn wir es ganz praktisch nehmen, bei den sanitären Anlagen: Es gibt Anlagen für Frauen und Anlagen für Männer.»
Das sieht auch FDP-Ständerat Andrea Caroni so. Der Vizepräsident der Rechtskommission sagt, man müsste die Verfassung und zahlreiche Gesetze anpassen. Und: «wenn wir diesen grossen Umbau machen würden, von der Verfassung bis zum letzten Register, dann müsste es das Ende der Geschichte sein. Ist es aber nicht. Dann kämen welche, die sagen, ‹ich bin nicht das dritte Geschlecht, sondern das vierte›, oder ‹ich bin gar kein Geschlecht› oder ‹ich bin gender-fluid›»
Offizielle Anerkennung
Tamara Funiciello widerspricht. Die SP-Nationalrätin und Mitglied der Rechtskommission sagt: «Die Idee ist, dass man ein drittes Kästchen macht, das non-binären und gender-fluiden Menschen in offiziellen Dokumenten eine Anerkennung gäbe. Und da würden alle darunter fallen.»
So wie es Garderoben und Toiletten für Frauen gebe, brauche es auch Schutzräume für nicht binäre Menschen. «Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit den non-binären Menschen Fortschritte erringen können, für mehr Sicherheit und Schutz in dieser Gesellschaft, die geprägt ist von – vor allem – männlicher Gewalt.»
Aktuell muss sich der Bundesrat im Auftrag des Parlaments erneut mit der Thematik befassen. Er soll prüfen, wie man die Situation von nicht binären Personen verbessern könnte. FDP-Ständerat und Anwalt Andrea Caroni hat sich dazu Gedanken gemacht. «Der Staat kann Hürden abbauen, in dem er möglichst wenig nach dem Geschlecht fragt. Wenn die Militärdienstpflicht zum Beispiel nicht nur für Männer wäre, dann müsste der Staat nicht wissen, ob eine stellungspflichtige Person männlich, weiblich oder was immer ist.»
Bundesrat Jans twitterte nach dem Treffen mit Nemo, Ziel müsse sein, dass wir in einer offenen und toleranten Gesellschaft lebten, in der alle integriert seien und sich auch alle integriert fühlten.