Rauchen statt spritzen. Das kam in den 1990er-Jahren unter Basler Jugendlichen auf: «Man nimmt eine Folie und kippt das Heroin darauf», beschrieb ein Süchtiger damals den neuartigen Konsum. Mit dem Feueranzünder heize man die Droge von unten auf. «Und dann zieht man sich die Dämpfe in die Nase.»
Das sei harmloser als spritzen, erzählte ein anderer junger Mann dem Regionaljournal Basel. «Ich habe Angst vor Spritzen, auch wegen des ganzen Blutes.» Heroin zu rauchen, sei weniger schlimm, als Heroin zu spritzen.
Passt auf eure Kinder auf!
Die Kioskfrau, die nahe der Drogenszene im Kleinbasel arbeitete, sah das ganz anders. Sie sehe 14-, 15- und 16-Jährige, die Heroin rauchten, sagte sie vor einigen Jahrzehnten am Radio. «Das macht mich manchmal so wütend, dass ich am liebsten auf dem Marktplatz stehen und Eltern schütteln würde», sagte Trudi Hartmann. «Passt auf eure Kinder auf!»
Vermeintliche Vorteile gegenüber dem Fixen
Einige Hundert Jugendliche hätten in den 1990er-Jahren in Basel angefangen, Heroin zu rauchen, sagt Thomas Kessler. Er war von 1991 bis 1998 Drogenbeauftragter von Basel-Stadt. Das Heroin sei damals billiger geworden. «Das konnten sich viele Jugendliche leisten.»
Zudem seien die Infektionsrisiken beim Heroinkonsum so gesunken. «Aids war damals ein grosses Thema», erinnert sich Kessler. Beim Heroin injizieren haben sich viele mit dem HI-Virus angesteckt. «Aber beim Rauchen steckt man sich nicht an.» Das Folienrauchen war also vermeintlich gesünder.
Die Abhängigkeit beim Rauchen des Heroins ist allerdings genauso so stark wie beim Injizieren. Basel-Stadt startete deshalb eine Informationskampagne – vor allem an Schulen.
Heute sei das Rauchen von Drogen wieder stärker verbreitet, beobachtet der frühere Drogenbeauftragte. Die Situation sei in gewisser Weise sogar noch schlimmer als in den 1990er-Jahren. «Beim Crackrauchen ist es besonders dramatisch», sagt Kessler. «Das High kommt schnell, das Down ebenfalls. Man hat also sofort wieder das Bedürfnis, zu konsumieren.»
Damals Heroin, heute Kokain
Die verfügbaren Drogen und die Art des Konsumierens ändern sich ständig. Im Moment ist die neuartige synthetische Droge Fentanyl vor allem in den USA für viele Drogentote verantwortlich. In der Schweiz wurde sie bisher nur vereinzelt beobachtet.
Trotzdem ist man in Basel alarmiert und will die mögliche Ausbreitung im Auge behalten. Gerade weil sich die Drogenszene ständig verändert, richteten die ehemaligen «Fixerstübli» schon vor Jahren Plätze für jene ein, die Drogen nicht injizieren, sondern rauchen. Dies, nachdem sich das Crackrauchen verbreitet hatte.
«Man muss in der Drogenpolitik agil bleiben und die Präventionsstrategien immer wieder anpassen», sagt der frühere Drogenbeauftragte Thomas Kessler auch heute noch.
Aufklärung dürfe nicht ruhen – genauso wie damals, vor 30 Jahren, als die Jugendlichen plötzlich begannen, Heroin nicht zu spritzen, sondern zu rauchen.