Die Kantonspolizei Wallis hat in mehrmonatigen Ermittlungen einen Drogenring in Siders VS aufgedeckt. Rund 30 Personen wurden festgenommen. Sie waren am Handel mit über zwei Kilogramm Kokain und mindestens einer halben Tonne Haschisch beteiligt – eine Rekordmenge im Wallis.
Das ist innerhalb weniger Monate der zweite Drogenring, den die Walliser Kantonspolizei aufdeckt. Der Experte Dirk Baier schätzt die Lage im Wallis ein.
SRF News: Ist das Wallis ein Drogen-Hotspot in der Schweiz?
Dirk Baier: Hotspot würde ich nicht sagen. Aber wie in anderen Gebieten der Schweiz gibt es auch im Wallis eine Nachfrage nach Drogen. Und wenn eine Nachfrage da ist, gibt es auch jemand, der das Angebot schafft. Dazu kommt, dass das Wallis ein Urlaubskanton mit internationalem Publikum ist. Ein Publikum, das Geld hat und vielleicht auch das Bedürfnis nach Drogen mitbringt.
Im ersten Moment überrascht es, dass all das im Wallis passiert. Solche Netzwerke würde man eher in urbanen Gebieten vermuten. Welche Rolle spielt da die Grenznähe des Kantons?
Die Nähe zu Italien spielt sicherlich eine Rolle. Wir wissen, dass an italienischen Häfen zum Teil auch harte Drogen ankommen. Von dort werden sie dann weiter verteilt nach ganz Europa, nicht nur ins Wallis. Von daher kann die Grenznähe durchaus eine Rolle spielen.
Es gibt eine Nachfrage, und die wird befriedigt. Das gibt es in Grossstädten, aber auch im Wallis.
Trotzdem würde ich diesen Aspekt nicht überschätzen. Vielmehr spielt dabei aus meiner Sicht die Marktlogik: Es gibt eine Nachfrage, und die wird befriedigt. Das gibt es in Grossstädten, aber auch im Wallis.
Laut Walliser Kantonspolizei besteht das ausgehobene Netzwerk zu 60 Prozent aus ausländischen Staatsangehörigen und zu 40 Prozent aus Schweizern. Sind das demnach in erster Linie Kriminaltouristen oder Einheimische, die sich etwas dazuverdienen wollen?
Beides. Es braucht immer auch einheimische Personen, die die lokalen Gegebenheiten kennen. Die wissen, wo die Leute sind, die Drogen kaufen wollen. Wie man diese ansprechen kann und welche Orte sich für eine sichere Übergabe eignen.
Jugendliche sind in der Regel leichter beeinflussbar, sie machen schneller, was man ihnen sagt.
Allerdings finde ich, dass das nicht das zentrale Kriterium ist, ob jemand aus dem Wallis oder aus dem Ausland kommt. Es sind bestimmte Lebenssituationen, in denen Menschen dazu neigen, sich über solche Wege Geld zu verdienen.
Es sind also nicht ausländische Banden, die hierherkommen und ihr Unwesen treiben.
Es ist nicht auszuschliessen, dass einzelne Personen aus dem Ausland ins Wallis entsandt wurden, um Impulse für solche Netzwerke zu setzen. Doch wir verstehen insgesamt noch zu wenig, wie solche Drogenringe tatsächlich initiiert werden.
Rund 30 Personen wurden verhaftet, ein Drittel davon ist minderjährig. Die Polizei spricht davon, dass im Drogenring bewusst Minderjährige eingesetzt wurden. Warum?
Das hat verschiedene Gründe. Wir wissen beispielsweise, dass Jugendliche ein Stück weit auf der Suche nach Anerkennung sind. Für manche Jugendliche ist das ein spannender Weg, um an Geltung, Reputation und auch an Geld zu gelangen.
Ausserdem sind Jugendliche in der Regel leichter beeinflussbar, sie machen schneller, was man ihnen sagt. Und sie sind auch impulsiver, risikofreudiger, das wissen wir aus der Jugendforschung. Das heisst, sie sind diejenigen, die eher mal zuschlagen. Gewalt ist zum Teil notwendig in diesen Milieus. Und Jugendliche sind tendenziell eher bereit, Gewalt anzuwenden.
Das Gespräch führte Dominik Rolli.