1450 Grad heiss ist der Ofen des Zementwerks von Jura Zement im Aargau. In dem Ofen wird Zementklinker gebrannt, der dann zu Zement weiterverarbeitet wird. Das Werk läuft rund um die Uhr und verbraucht viel Strom.
Für die ganze Zementbranche ist deshalb klar: Sie kann und will die Kontrolle über ihre Notstromaggregate nicht dem Bund abgeben.
«Wenn ein Stromunterbruch eintritt, haben wir ein grosses Problem mit den Zementwerken», erklärt Stefan Vannoni, Direktor des Branchenverbands Cemsuisse gegenüber SRF. «Ein Herunterfahren des Ofens dauert drei Tage, das müssen wir kontrolliert machen, sonst entstehen Schäden in zweistelliger Millionenhöhe.» Sprich: Der Ofen geht kaputt.
Die Notstromaggregate von Jura Zement haben eine Leistung von total 1 Megawatt. Das Ziel des Bundes wäre, insgesamt 300 Anlagen in dieser Grössenordnung in sein Netz integrieren zu können. Ihre Leistung würde etwa 75 Prozent der Leistung entsprechen, die das AKW Mühleberg früher lieferte.
Energiepolitikerinnen appellieren an die Firmen und drängen auf diese Lösung. Zum Beispiel Mitte-Nationalrätin Priska Wismer-Felder: «Ich erwarte von den Firmen, dass sie Offenheit zeigen und ihre Kapazitäten zur Verfügung stellen.»
Trotz der Appelle von Bund und Politik ist man auch in der Maschinen- und Metallindustrie eher skeptisch. Grundsätzlich käme nur etwa eine Handvoll Firmen infrage, erklärt Vizedirektor des Branchenverbands Swissmen Jean-Philippe Kohl. Zudem würden diese Firmen die Kontrolle über ihre Notstromaggregate lieber behalten.
Firmen sollen ihre Notstromaggregate selber auf tiefem Niveau laufen lassen und den Strom selber nutzen.
Er schlägt deshalb eine andere, neue Lösung vor: «Die einfachste Lösung ist, dass Firmen ihre Notstromaggregate selber auf tiefem Niveau laufen lassen und den Strom selber nutzen.» So bräuchten sie weniger Strom aus dem Netz und könnten das Netz so entlasten, das könnte gerade in kritischen Situationen helfen, so Kohl weiter.
Forderungen stossen auf politischen Widerstand
Der Vorschlag hat aber einen Haken: Sollen Notstromaggregate länger laufen, nicht nur in Notfällen, bräuchte es gesetzliche Ausnahmen. Aktuell dürfen Notstromanlagen maximal während 50 Stunden pro Jahr betrieben werden. Die Wirtschaft fordert deshalb Ausnahmen vom Bund.
Doch diese Forderungen stossen auf politischen Widerstand. «Ich finde das keine gute Lösung», sagt etwa SP-Nationalrätin und Mitglied der Umwelt- und Energiekommission Martina Munz. «Die Notstromanlagen sollte man nur in einer Mangellage einsetzen und nicht länger auf tiefem Niveau laufen lassen.»
Ob und wie andere Notstromaggregate auch einbezogen werden, wird derzeit noch geprüft.
Beim Bund hat man die Forderungen der Wirtschaft zur Kenntnis genommen. Im Moment sind nur Ausnahmen geplant für Anlagen, die der Kontrolle des Bundes überlassen werden. «Derzeit ist vorgesehen, dass nur Notstromaggregate im System des Bundes länger als 50 Stunden laufen dürfen», schreibt Marianne Zünd vom Bundesamt für Energie. Und weiter: «Ob und wie andere Notstromanlagen auch einbezogen werden, wird derzeit noch geprüft.»
Es wird also deutlich: Aktuell sprechen Bund und Wirtschaft nicht die gleiche Sprache, es werden unterschiedliche Lösungen präsentiert. Für eine gemeinsame Lösung braucht es wohl weitere Gespräche.