Die Schweizer Armee braucht Drohnen, also unbemannte Fluggeräte, um im Kriegsfall gegnerische Stellungen zu finden. Im Friedensfall sollen Drohnen die zivilen Behörden bei der Überwachung aus der Luft unterstützen, zum Beispiel an der Grenze.
2015 hat die Armee sechs Drohnen in Israel bestellt. 2019 hätten sie im Einsatz sein sollen. Doch bis heute seien die Drohnen nicht einsatztauglich, kritisiert die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) in einem Bericht.
«Nicht einsatztauglich»
Ein Arzt würde wohl ein multiples Organversagen diagnostizieren – der Patient muss auf die Intensivstation. Die Finanzkontrolle spricht von einem Projekt, das in der Krise stecke. Robert Scheidegger, Prüfbereichsleiter bei der EFK, sagt gegenüber Radio SRF: «Die Drohne ist heute noch nicht einsatztauglich.»
Dies zehn Jahre nach der Bestellung. Vor fünf Jahren hätte die Drohne vom Typ Hermes 900 HFE regelmässig vom Militärflugplatz Emmen abheben sollen. Die Drohne stammt aus Israel, hergestellt von der Firma Elbit, mit Beteiligung des staatlichen Schweizer Rüstungsunternehmens Ruag.
Swissness und Spezialwünsche kosten
Der Grund für die Verzögerung seien unter anderem zu ambitionierte Ziele gewesen. «Das Hauptproblem ist sicher die Abweichung von einem erprobten Standardprodukt, also die Swissness-Anforderungen und Spezialwünsche», sagt Robert Scheidegger.
Ein Spezialwunsch der Schweizer Armee war ein Dieselmotor, damit die Drohne länger fliegen kann. Das hatte zur Folge, dass die Konstruktion der Drohne neu entwickelt werden musste. Die Drohne brauchte auch ein Enteisungssystem, weil sie über die Alpen ins Tessin fliegen soll.
Und gar als weltweite Innovation sollte die Drohne ein «Detect-and-Avoid»-System bekommen, eine Art Autopilot, der die Drohne autonom ausweichen lässt, wenn etwa eine Kollision mit einem anderen Flugobjekt droht.
«Das ‹Detect-and-Avoid›-System ist ein hochkomplexes, sehr innovatives, bis heute nicht entwickeltes System. Und dass die Schweiz als kleines Land sich vornimmt, das zu bauen – erstmals auf der Welt: Hut ab! Aber entsprechend sind die Risiken da», stellt Scheidegger von der Finanzkontrolle fest.
Mangelhaftes Projektmanagement
Aus einem Beschaffungsprojekt sei so ein eigentliches Entwicklungsprojekt geworden, das einen anderen Vertragstyp mit den Lieferanten benötigt hätte, kritisiert die Finanzkontrolle. Zudem sei die Projektplanung und -steuerung mangelhaft und das Qualitäts- und Risikomanagement unzureichend.
Die Kosten belaufen sich für die sechs Drohnen bis heute auf rund 300 Millionen Franken. Viel Spielraum gibt es finanziell nicht mehr. Gibt es da noch Hoffnung? Oder wäre ein Abbruch des Projekts nicht sinnvoller? Scheidegger sagt dazu: «Für die EKF war der Abbruch nicht im Fokus, weil wir gesagt haben, der Bund hat 300 Millionen Franken investiert. Da geht es in erster Linie einmal darum, zu schauen, wie kann man einen Nutzen daraus generieren.»
Das ist die zentrale Empfehlung der EFK an die Armee: Alle Optionen prüfen. Risiken, Chancen sowie Kosten und Nutzen abwägen. Aber auch einen Abbruch nicht ganz ausschliessen, wenn die Reanimation auf der Intensivstation nicht gelingt.