Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider freut sich über den EU-Pakt und spricht von einem bedeutsamen politischen Schritt. Wie dieser umgesetzt werden soll, müsse nun mit Blick auf die unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen in den einzelnen EU-Ländern und der Schweiz erarbeitet werden.
Die EU setzt auf Abschreckung und Abschottung und nicht auf Menschenrechte.
Bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ist heute, analog zu den europäischen Organisationen, Verärgerung zu hören. «Die EU setzt auf Abschreckung und Abschottung und nicht auf Menschenrechte», kritisiert Mediensprecherin Eliane Engeler.
Tatsächlich dürften wegen der neuen Regeln weniger Asylsuchende in die Schweiz kommen, ist der Migrationsforscher Gianni d'Amato überzeugt. Denn die Aussengrenzen würden gestärkt, die Verfahren standardisiert und beschleunigt: «Das sollte eigentlich dazu führen, dass es weniger Asylmigration in Richtung Zentral- und Nordeuropa gibt», so d’Amato.
Von der zu erwartenden Entlastung werde die Schweiz sicher profitieren. Die Schweiz müsse sich allerdings fragen, wie man sicherstellen wolle, dass die Verfahren an den EU-Aussengrenzen rechtmässig abliefen, so der Migrationsforscher.
Kontrollen bereits an den Aussengrenzen sind auch ein wichtiges Zeichen gegenüber Schlepperbanden.
Positiv reagiert Aussenpolitiker und FDP-Ständerat Damian Müller. Die beschleunigten Verfahren an der EU-Aussengrenze seien richtig. Er ist überzeugt, dass die Problematik an den Grenzen angegangen werden muss: «Die Kontrollen bereits an den Aussengrenzen sind auch ein wichtiges Zeichen gegenüber den Schlepperbanden.» Wenn es schon verstärkte Kontrollen gebe, so müsse die Schweiz aber auch die legalen Fluchtwege mehr unterstützen, fordert die Flüchtlingshilfe.
Der zweite Kernpunkt des EU-Pakts ist der Solidaritätsmechanismus. Die Schweiz sei nicht verpflichtet, daran teilzunehmen, erklärt Justizministerin Baume-Schneider: «Was die finanzielle Beteiligung an den Grenzkontrollen betrifft, kann die Schweiz autonom entscheiden. Die Schweiz sei bei Solidaritätsabkommen immer dabei gewesen. Sie vertraue darauf, dass Bundesrat und Parlament richtig entscheiden würden.
Es kann nicht sein, dass wir im Zentrum Europas uns nicht um Asylsuchende an den Aussengrenzen kümmern.
Für SP-Ständerätin und Aussenpolitikerin Franziska Roth ist ganz klar, dass die Schweiz sich am Solidaritätspakt beteiligen muss: «Es kann nicht sein, dass wir im Zentrum Europas uns nicht um Asylsuchende an den Aussengrenzen kümmern.» Die Schweiz müsse Hand bieten. Den diesem EU-Entscheid zugrundeliegenden Solidaritätsgedanken unterstütze sie ausdrücklich.
Wie sich der neue Pakt genau auf die Schweiz auswirke, lasse sich im Moment kaum abschätzen, heisst es beim Staatssekretariat für Migration, zahlreiche Punkte seien noch offen.