Das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer haben am Montag vielversprechende Zwischenergebnisse einer Impfstoff-Studie präsentiert. Die beiden Unternehmen wollen ab der kommenden Woche bei den Arzneimittelbehörden in den USA – und gleichzeitig wohl auch in der EU – eine beschleunigte Zulassung beantragen. Was ist von den Fortschritten beim Corona-Impfstoff zu halten? Antworten von Manuel Battegay, Chefarzt für Infektiologie am Universitätsspital Basel.
Wie haben Sie heute auf die Nachricht der beiden Pharmaunternehmen reagiert?
Ich war auch positiv beeindruckt, weil 90 Prozent Wirksamkeit ein ausserordentliches Resultat ist. Und es ist die erste grosse Studie, die zeigt, dass eine Wirksamkeit da ist. Trotzdem muss man natürlich bei den offenen Fragen genau hinschauen.
Wie lange ist er wirksam und bei wem?
Genau. Ist er zum Beispiel wirksam bei den älteren Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen? Dort braucht es ja vor allem eine hohe Wirksamkeit. Das wissen wir noch nicht genau. Es ist momentan ein Zwischenresultat. Man wartet auch noch verschiedene Ereignisse ab, ob der Scheinimpfstoff oder der richtige Impfstoff wirklich den grossen Unterschied zeigt.
Man muss dann schauen, schützt der Impfstoff «nur» vor der Krankheit oder auch vor der Infektion, sodass das Virus dann nicht mehr weitergegeben wird.
90 Prozent Wirksamkeit – können Sie uns diese Zahl einordnen? Das klingt nach enorm guten Ergebnissen.
Sollte sich das bestätigen, ist das wirklich sehr gut. Man muss dann schauen, schützt der Impfstoff «nur» vor der Krankheit oder auch vor der Infektion, sodass das Virus dann nicht mehr weitergegeben wird. Bei 90 Prozent sind wir wirklich in einem hohen Bereich. Wenn sich dann zum Beispiel 80 Prozent impfen lassen würden, könnte man die Übertragungsrate ganz signifikant senken und das wäre wirklich ein riesiger Schritt.
Das ging enorm schnell. Normalerweise dauert eine Entwicklung eines Impfstoffs mehrere Jahre. Ist das kein Grund für Skepsis?
Da muss man skeptisch sein. Doch viel ist auch durch eine viel schnellere Sequenzierung des Virus passiert und eine viel schnellere Identifizierung der Immunabwehr. Ausserdem sind das riesige Impfstudien, die stattfinden, welche sehr transparent sind. Da kennt man jedes Detail. Überall schaut man sehr gut, da gibt es Gremien, welche die Sicherheit speziell betrachten – gerade auch für die verschiedenen Altersgruppen.
Es ist auch eine neue Technologie, ist das wirklich sicher?
Das weiss man im Voraus nie ganz sicher. Doch wenn man die Impfgeschichte anschaut, sind immer wieder neue Technologien zum Zuge gekommen. Häufig haben sie zum Erfolg geführt. Es ist wichtig, dass man jetzt in diesen vielen grossen Studien die Sicherheit des Impfstoffs überprüft.
Es ist wirklich ein sehr gutes Zeichen, dass dieser mRNA-Impfstoff jetzt diese Wirkung zeigt.
Das macht auch Hoffnung aus Schweizer Sicht. Eines dieser Projekte, an dem die Schweiz beteiligt ist, setzt auf die gleiche mRNA-Technologie. Heisst das, dass ein Impfstoff auch bei uns schneller verfügbar sein wird?
Es ist wirklich ein sehr gutes Zeichen, dass dieser mRNA-Impfstoff jetzt diese Wirkung zeigt. Wie gesagt, es muss sich in den endgültigen Resultaten noch bestätigen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass ähnliche mRNA-Impfstoffe auch gute Resultate zeigen werden. Das werden wir aber erst in den nächsten Wochen und Monaten sehen.
Wenn sich die ersten Resultate bestätigen, wird man im Laufe des Jahres 2021 mit dem Impfen beginnen können.
Aber es ist möglich, dass wir Anfang 2021 auch in der Schweiz einen Impfstoff vorliegen haben?
Absolut, es geht aber immer einen Moment, bis die benötigten grossen Mengen dieses Impfstoffes produziert sind. Aber, wenn sich die ersten Resultate bestätigen, wird man im Laufe des Jahres 2021 mit dem Impfen beginnen können.
Das Gespräch führte Arthur Honegger