National- und Ständerat haben in der ersten Dezemberwoche ihre Präsidien neu gewählt. Zu Ende ging damit das Amtsjahr der bisherigen Ständeratspräsidentin Eva Herzog, SP Basel-Stadt, und des Nationalratspräsidenten Eric Nussbaumer, SP Basel-Landschaft.
SRF News: Wie geht es Ihnen nach diesem Jahr?
Eva Herzog: Es war ein tolles Jahr. Aber die Freiheit, dass ich nicht mehr dort oben festgezurrt bin auf dem Präsidiumsstuhl, das habe ich sehr genossen diese Woche.
Inwiefern «frei»?
EH: Als Präsidentin sitzt man vier, fünf Stunden dort und leitet die Sitzung, ist blockiert, kann nicht wirklich teilnehmen am politischen Diskurs.
Eric Nussbaumer: Ich habe mich das ganze Jahr eigentlich gut gefühlt. Man hat ja gewusst, dass es ein Jahr dauert. Ich bin jetzt weiter mit im Ratsbetrieb und das ist auch gut.
Sie waren dieses Jahr an vielen Anlässen, reisten viel herum. Blieb Ihnen eine Begegnung besonders in Erinnerung?
EN: Der Besuch des Ratspräsidenten aus der Ukraine, Ruslan Stefanchuk. Da war ich das erste Mal in meiner politischen Arbeit mit jemandem im Gespräch, der in einem Krieg steht. Er ist eine sehr herzliche Person. Gespräche darüber zu führen, wie es einem Land im Krieg geht, wie die Menschen das meistern, das war sehr eindrücklich.
EH: Dem kann ich mich anschliessen. Die Aussenpolitik, über die man sonst in der Zeitung liest, ist viel näher gekommen in dem Jahr.
Also ein neuer Einblick in die Weltpolitik?
EN: Es ist ja ein wichtiger Teil des Amtes im Ratspräsidium, dass man die aussenpolitische Repräsentanz macht und diplomatische Beziehungen pflegt auf parlamentarischer Ebene. Das hat man als normales Ratsmitglied weniger. Ich habe das sehr geschätzt, die Schweiz zu erklären, aber auch andere Sichtweisen auf die Weltpolitik zu hören.
Partner im Ausland haben uns manchmal gesagt: Kaum kennt man euch, seid ihr schon wieder weg.
EH: Weil das Präsidium in der Schweiz jedes Jahr wechselt, haben uns Partner im Ausland manchmal gesagt: Kaum kennt man euch, seid ihr schon wieder weg. Ich finde den Wechsel gut, denn so können wir abwechselnd solche Kontakte knüpfen. Und es ist eine Erweiterung der Perspektive.
Dass die Ständeratspräsidentin und der Nationalratspräsident aus der gleichen Region und noch aus der gleichen Partei kommen, ist selten. Für sie ein Vorteil?
EH: Es hat Freude gemacht. Wir haben beide Kammern eingeladen zu unserer gemeinsamen Präsidiumsfeier. So mussten sich die Parlamentsmitglieder nicht entscheiden, wo sie hingehen. Die Aufmerksamkeit auf unsere Region ist in diesem Jahr auf jeden Fall gestiegen.
Als Nationalratspräsident und als Ständeratspräsidentin durften sie meist nicht mit abstimmen und mussten auch bei öffentlichen Anlässen neutral sein. Konnten Sie trotzdem Einfluss auf die Politik nehmen?
EN: Man hat ja Auftritte und hält Reden. Ich habe das nicht so empfunden, dass man gar nichts sagen darf. An Podiumsdiskussionen hingegen geht man schon nicht. Ich halte es für falsch, dass man als Präsident keine politische Meinung haben und nicht mehr sagen darf, wie man die Welt sieht.
EH: Man hat ja vorher gewusst, dass Eric Europa-Politiker ist und dass ich mich für die Gleichstellung der Frauen einsetze. Man macht vielleicht nicht gerade eine Kampagne in diesem Jahr, schon gar nicht mit dem Präsidiumshut. Ich glaube, wir haben das beide sauber getrennt, haben uns aber nicht verleugnet in diesem Jahr.
Das Gespräch führte Laura Baldini