«Euro-Turbo» – so wird Eric Nussbaumer gerne genannt. Denn neben der Energiepolitik ist das Verhältnis zur EU sein grosses Thema. Unter anderem ist er denn auch Präsident der Europäischen Bewegung Schweiz (Nebs), die sich für einen EU-Beitritt der Schweiz einsetzt.
Die Schweiz liege mitten in Europa und lasse sich nicht verschieben, sagt der 63-jährige Nussbaumer etwa: «Und so zu tun, als ob die Schweiz tausend andere Optionen hätte, wie sie sich positionieren könnte, scheint mir aus der Luft gegriffen.»
Europäische Union – ein Friedensprojekt
Das Interesse an Europa ist bei Nussbaumer auch familiär bedingt. Seine Eltern kommen ursprünglich aus dem grenznahen Elsass. Nussbaumer ist denn auch schweizerisch-französischer Doppelbürger. «Die europäische Zusammenarbeit und Integration ist grundsätzlich ein Friedensprojekt – und das hat mich immer interessiert.»
Er habe das Interesse an Politik von klein an mitbekommen. Sein Vater war Gemeinderat für die Evangelische Volkspartei. Als Nussbaumer dann als junger Mann von Winterthur ins Baselbiet zog, sei er durch Freunde bei der SP gelandet.
Der christliche Glaube ist trotzdem geblieben. Und er wurde zum Thema, als Nussbaumer vor zehn Jahren für die Baselbieter Regierung kandidierte. Gestört habe ihn das nicht, sagt er.
Sein Stoppelbart wurde zum Wahlkampfthema
Was ihn mehr irritiert habe, sei, dass auch sein Aussehen plötzlich kommentiert wurde. Sein gelegentlicher Dreitagebart zum Beispiel: «Anscheinend sind Äusserlichkeiten wichtiger als die Kraft, die eine Person im Argument äussert», stellt Nussbaumer fest.
Die Wahl verlor er damals gegen einen SVP-Kandidaten. Es war Nussbaumers zweiter Anlauf als Regierungsrat.
Kooperativ, kompromissbereit, kollegial
Der neue Nationalratspräsident sieht sich als geerdet und bodenständig. Er sei keiner, der sich schnell aus der Bahn werfen lasse.
Hört man sich um, beschreiben ihn seine Nationalratskollegen – auch jene aus dem bürgerlichen Lager – als kooperativ, kompromissbereit und kollegial. Einer, mit dem man auf der Reise nach Bern gerne im Zugabteil sitze.
Ich mache keine grossen Umwege, wenn ich etwas deutlich sagen will.
Unter Journalisten gilt Nussbaumer manchmal als ein wenig grummelig. Wenn ihm etwas nicht passt, versteckt er seinen Unmut nicht. «Ich mache keine grossen Umwege, wenn ich etwas deutlich sagen will», meint Nussbaumer dazu. Es komme aber immer von Herzen und mit Argumenten – «um eine Sache voranzubringen».
Höhepunkt der Nationalratskarriere
Auch als Nationalratspräsident wolle er so sein: den Fokus aufs Geschäft richten, ohne viel Tamtam. Von geplanten Aktionen im Saal, wie es manchmal bei verschiedenen Fraktionen vorkommt, halte er nicht viel.
Solchen «Klamauk» werde er möglichst unterbinden: «Ich bin der Hausherr – doch ich werde nicht belehrend sein», betont Nussbaumer. Vielmehr werde er sich für die Einhaltung der geltenden Regeln einsetzen. Und sowieso sei es ihm eine Ehre, dieses Amt auszuführen.
Das Präsidentenjahr wird eine Art Schluss-Höhepunkt von Nussbaumers Nationalratskarriere. Der Baselbieter sitzt seit 16 Jahren in der grossen Kammer. Und noch im Verlauf der kommenden vier Jahre will er laut eigener Aussage seinen Platz räumen.
Zuerst aber nimmt der «Euro-Turbo» jetzt Platz auf dem Präsidentensessel.