Es ist vollbracht: Das Parlament hat sich über die Parteigrenzen hinweg zusammengerauft und wagt nach jahrelangen Blockaden im Gesundheitswesen einen grossen Wurf. Künftig sollen Behandlungen gleich finanziert werden – egal, wo sie stattfinden – ob im Spital, im Pflegeheim, in der Ärztepraxis oder zu Hause.
Das politische Aushandeln ist ein Musterbeispiel für einen Prozess, der die unterschiedlichen Interessen im blockierten Gesundheitswesen berücksichtigt. Das ist erfreulich – für Staatsbürgerinnen und für Prämienzahler. Im Gesundheitswesen braucht es allerdings noch weitere Schritte, die hoffentlich nicht je 14 Jahre dauern.
Keine Fehlanreize mehr bei ambulant und stationär
Die Idee stammt aus dem Jahr 2009, von der Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel, die sich zwanzig Jahre lang für die Mitte-Partei im Nationalrat engagierte. Es ging ihr um die einheitliche Finanzierung der Bereiche ambulant und stationär. Fehlanreize sollten verschwinden; dass aus finanziellen Überlegungen etwa Patientinnen länger als nötig im Spital behalten oder dass Patienten zu früh nach Hause geschickt werden.
Allerdings: Die Kantone trugen diesen Wechsel nur mit, wenn auch die Langzeitpflege integriert werde. Ein Bereich, der mit der älter werdenden Gesellschaft wichtiger wird und der Kantone sowie Gemeinden zusehends finanziell belastet.
Die Forderung der Kantone führte aber zu Widerstand und Fragen: Wäre das finanziell tragbar? Zu welchem Preis? Mit welcher Datengrundlage? In gewissen Kreisen konnten diese Bedenken bis heute nicht ausgeräumt werden.
Pflegepersonal droht mit Referendum
Kaum aber zeichnete sich im Parlament eine Mehrheit für diese «grösste Reform» ab, erhob das Pflegepersonal, respektive erhoben dessen Gewerkschaften, Einspruch. Sie befürchteten nach Jahren unter Druck eine weitere Verschlechterung für ihre Arbeitsbedingungen – finanziell, aber auch personell. Als politisches Druckmittel drohten sie mit dem Referendum gegen die Reform der einheitlichen Finanzierung.
Eine Drohung mit einender Wirkung
Im Parlament allerdings setzte sich der Wille durch, nun endlich etwas zu erreichen und diese Reform mehrheitsfähig auszugestalten. Gut möglich, dass das angedrohte Referendum hier einend gewirkt hat.
Der lange Prozess zeigt, wie schwierig es Reformen im Gesundheitswesen haben. Klar ist aber auch: Es darf nicht bei diesem Schritt bleiben. Es braucht weitere Schritte – aktuelle Tarife etwa und eine Versorgung, die auf die Bedürfnisse einer mobilen und älter werdenden Gesellschaft passt und ganzheitlich funktioniert.