Während mehr als sieben Jahren haben National- und Ständerat darüber debattiert, ob und wie der Eigenmietwert auf selbstbewohnte Liegenschaften abgeschafft werden könnte. Jetzt haben sich die beiden Räte nach einem maximalen Hin und Her auf einen vollständigen Systemwechsel geeinigt. Der Eigenmietwert soll auf Erst- und Zweitwohnungen abgeschafft werden.
Trotz dieser Einigung: Umgesetzt ist die neue Regelung deshalb noch nicht. Um es mit den Worten des Solothurner Mitte-Ständerats Pirmin Bischof zu sagen: «Wir sind in diesem siebenjährigen Turnier im Penaltyschiessen des Finalspiels angelangt.»
Es gibt sie, die Profiteure des Eigenmietwerts
Wir wissen, Penaltyschiessen sind eine Lotterie. Deshalb kann auch nach der langen Beratungszeit nicht gesagt werden, ob der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung tatsächlich vollzogen wird oder nicht. Es ist immer noch alles möglich.
Der Eigenmietwert ist eine Steuer, die Eigentümer von Häusern oder Wohnungen bezahlen, wenn sie ihre Liegenschaften selbst bewohnen. Ihnen werden fiktive Mieteinnahmen zum steuerbaren Einkommen gerechnet. Im Gegenzug können die Wohnungsbesitzerinnen Zinsen, die sie für Hypothekarschulden bezahlen, sowie Auslagen für den Unterhalt der Liegenschaften von der Steuer absetzen.
Vom heutigen System profitieren viele. Banken, weil es interessant ist, sein Haus oder seine Wohnung nicht vollständig abzuzahlen. Das Baugewerbe, weil es interessant ist, Investitionen – etwa für energetische Sanierungen – zu tätigen. Aber auch die Kantone in den Ferienregionen, die dank vieler Zweitwohnungen Steuern generieren.
Verschiedene Interessen müssen bedient werden
Genau diese vielen unterschiedlichen Interessen sind das Problem für die Vorlage. In der langen Beratung des Geschäfts wurden von unterschiedlichen Seiten immer wieder neue Ideen eingebracht, wie allfällige Steuerausfälle kompensiert werden könnten. So schien lange die Haltung des Ständerats mehrheitsfähig, der Zweitwohnungen vom Systemwechsel ausnehmen wollte.
Das Parlament entschied sich anders und beschloss, den Eigenmietwert sowohl bei Erst- wie Zweitwohnungen abzuschaffen. Als Gegenfinanzierung soll für Zweitwohnungen eine Objektsteuer eingeführt werden. Zudem werden die Abzüge eingeschränkt, damit die Bundeskasse nicht zu grosse Einbussen verzeichnen muss.
Das Spiel ist noch nicht zu Ende
Der beschlossene Systemwechsel ist konsequent und deshalb nachvollziehbar. Er birgt aber Gefahren, weil die Reform viele Gegner haben wird, die aus den unterschiedlichsten Gründen gegen den Systemwechsel sind. Sie könnten das Anliegen noch zu Fall bringen.
Um im anfänglich gezeichneten Bild des Fussballendspiels zu bleiben: Der nächste Penalty wird am Freitag geschossen, wenn die Vorlage die Schlussabstimmung der Bundesversammlung überstehen muss. Gelingt das, kommen die Einführung der Objektsteuer und die Abschaffung des Eigenmietwerts vors Volk. Es braucht eine Zustimmung von Volk und Ständen. Den allerletzten und entscheidenden Penalty schiesst also die Bevölkerung.