Der internationale Druck auf die Schweiz hat zuletzt weiter zugenommen. Bislang untersagt sie Ländern, die in der Schweiz hergestellte Waffen besitzen, deren Weitergabe an Drittstaaten. Nun wollen die Sicherheitspolitikerinnen und -politiker umschwenken, und die Waffen-Wiederausfuhr ermöglichen. Zwei konkrete Vorschläge macht die Kommission, gegen den Willen von Grünen und SVP.
SP für Wiederausfuhr bei Völkerrechtsbruch
Aus der SP kommt der Vorstoss, dass der Bundesrat die Wiederausfuhr von Waffen aus Schweizer Produktion bewilligen kann, wenn sich ein Land gegen einen Angreifer verteidigt und die Vereinten Nationen den völkerrechtswidrigen Angriff als solchen festgestellt haben. Beides wäre im Fall der Ukraine gegeben.
Vor einem Verbrechen im Angesicht des Völkerrechts gibt es auch keine Neutralität.
«Vor einem Bruch des Völkerrechts, vor einem Verbrechen im Angesicht des Völkerrechts gibt es auch keine Neutralität», sagt SP-Vize-Präsident Jon Pult. Wenn die Schweiz ihr Ja zu den Munitionslieferungen von der Feststellung der Vereinten Nationen abhängig macht, dann hole sie sich quasi das Plazet von höchster völkerrechtlicher Stelle.
Wenn wir Entscheide an den Sicherheitsrat delegieren, geben wir faktisch unsere Neutralität auf.
Doch auch das sei nicht mit der Neutralität vereinbar, kritisiert SVP-Nationalrat Thomas Hurter. «Wenn wir hier jetzt beginnen, Entscheide an den Sicherheitsrat zu delegieren, dann bedeutet das, dass wir faktisch unsere Neutralität aufgeben.»
Mitte für Ukraine-Spezialgesetz
Das gelte auch für den zweiten Vorschlag, lanciert von der Mitte. Er geht noch deutlich weiter als der SP-Vorschlag. Die Mitte will ins Gesetz schreiben, dass Wiederausfuhren an die Ukraine grundsätzlich möglich wären. Ein Spezialgesetz, das eine Partei im Krieg bevorzugt? Mitte-Nationalrat Alois Gmür sagt, auch das sei «nicht so problematisch», neutralitätspolitisch betrachtet.
Unser Material ist gefragt in der Ukrainekrise, deshalb müssen wir neutralitätspolitisch andere Überlegungen treffen.
Solange die Schweiz nicht direkt liefere, sei jenes Land verantwortlich, das die Waffen der Ukraine zur Verfügung stelle. «Unser Material ist gefragt in der Ukrainekrise, und deshalb müssen wir hier weiterdenken und neutralitätspolitisch andere Überlegungen treffen.» Gmür gesteht aber ein, dass Neutralität eigentlich bedeuten würde, beide Staaten gleichzubehandeln. Also auch Russland beliefern zu lassen.
Vorschläge neutralitätsrechtlich auf dünnem Eis
Im Gesetzesvorschlag allerdings ist nur von der Ukraine die Rede. Auch wenn die Mitte «wenig» Probleme erkennt, steht dieser zweite Vorschlag neutralitätsrechtlich auf dünnem Eis. Aber auch der SP-Vorstoss dürfte in der weiteren Beratung noch zu reden geben.
Über beide Vorschläge wird auch die ständerätliche Kommission und anschliessend der National- und Ständerat noch diskutieren. Bis Schweizer Waffen tatsächlich weitergegeben werden, wird es also mindestens noch etwas dauern.