Ein Drogendealer oder eine Kreditbetrügerin: Sie können ihre Haftstrafe im verordneten Hausarrest absitzen statt im Gefängnis. Seit drei Jahren müssen dies alle Kantone für Straftäter möglich machen. Sie werden elektronisch überwacht – meist per Fussfessel.
Die Fussfesseln funktionieren wie Sender. Diese schicken Daten in der Regel über das Mobilfunknetz an den Server. Beispielsweise über GPS kann man die Person dann orten.
Voraussetzungen müssen stimmen
Eingesetzt werden diese Fussfesseln bei Personen, die eine kurze Gefängnisstrafe absitzen müssen. Ebenfalls kommt sie zur Resozialisierung gegen Ende von langen Haftstrafen zum Einsatz. Aber auch anstelle einer Untersuchungshaft oder bei Kontakt- oder Rayonverbot sind Fussfesseln möglich.
In der Zentralschweiz wurden in den letzten drei Jahren 54 Personen elektronisch überwacht. Für eine solche Überwachung müssen die Straftäter ein Gesuch stellen. «Wenn eine Person einen Wohnsitz in der Schweiz, eine geregelte Unterkunft und eine Arbeit hat, dann kann sie diese alternative Vollzugsform in Anspruch nehmen», sagt Gino Lohri, stellvertretender Leiter der Dienststelle Justizvollzug im Kanton Luzern. Die Person wird aber zusätzlich auf Herz und Nieren geprüft: Besteht Fluchtgefahr oder kann sie rückfällig werden?
Geringe Nachfrage oder zu zurückhaltend?
In der Zentralschweiz brauche man viel weniger elektronische Fussfesseln als angenommen. Vor drei Jahren sei man mit 25 Fussfesseln gestartet und wollte eigentlich auf 36 aufstocken. Die Nachfrage war allerdings so gering, dass man inzwischen nur noch 14 Fussfesseln habe.
Das Bundesamt für Statistik erfasst den elektronischen Strafvollzug. Aufgeführt werden in der Statistik Personen, welche eine kurze Strafe per Überwachung absitzen oder auf diese Weise nach langer Haftstrafe wieder resozialisiert werden. Die Zahlen zeigen: Die Zentralsschweiz wendet diesen alternativen Strafvollzug zurückhaltend an. Andere Kantone wie Waadt, Basel-Stadt und Basel-Land haben viel höhere Zahlen.
Jonas Weber, Strafrechtsprofessor an der Universität Bern, hat diese regionalen Unterschiede untersucht. «Zuerst vermuteten wir, dass es damit zu tun hat, dass es grosse Unterschiede gibt bei den Verurteilten. Aber dem ist nicht so», sagt Jonas Weber. Man könne die Unterschiede klar auf das Verhalten der Kantone zurückschliessen. Auch wenn die gesetzlichen Grundlagen vorgegeben sind, gäbe es einen Auslege-Spielraum.
Drei Mal mehr Fussfesseln?
Es wird beispielsweise unterschiedlich bewertet, wann genau Fluchtgefahr bestehe und wann nicht. «Die Zentralschweiz ist da wohl zu vorsichtig. Sie hätte durchaus das Potenzial, ihre Zahlen zu verdreifachen», sagt Jonas Weber. Die Vorsicht habe möglicherweise damit zu tun, dass die Erfahrung fehle. Andere Kantone kennen die elektronische Überwachung schon seit 20 Jahren, also schon lange bevor sie gesetzlich verankert wurde.
«Es ist möglich, dass andere Kantone anders beurteilen», räumt Gino Lohri ein. Im Konkordat der Nordwest- und Zentralschweiz habe man klare Kriterien aufgestellt und sei damit gut gefahren.
Der Bundesrat will nun drei Jahre nach der neuen Gesetzesbestimmung die Erfahrungen mit dem Electronic Monitoring evaluieren. Dabei wird insbesondere geprüft, ob der Einsatzbereich des elektronisch überwachten Vollzugs ausgeweitet werden soll.