Barbara Freis Ziel ist es, kostbarste Energie zu gewinnen: die eingesparte. Beim französischen Industriekonzern Schneider Electric leitet sie die Sparte Digitalisierung und Automatisierung. Der Konzern mit rund 135'000 Mitarbeitenden ist ein führender Player in Sachen Energiemanagement und Energieeffizienz.
SRF News: In der Schweiz diskutiert das Parlament diese Woche den sogenannten Mantelerlass. Das heisst, wie die erneuerbaren Energien ausgebaut werden können. Ist dies die falsche Diskussion, müsste übers Sparen diskutiert werden?
Barbara Frei: Es ist beides. Man hat sich sehr stark auf die erneuerbaren Energien konzentriert. Das hat seine Richtigkeit für die Versorgungssicherheit. Aber gleichzeitig, um schneller zu sein, braucht es Effizienz. Und die Energieeffizienz wurde in den letzten Jahren vernachlässigt.
Bei der Schwerindustrie ist bereits viel passiert, auch unter dem Druck der Energiepreise.
Ich finde das schade, denn es ist die wertvollste Art, Energie einzusetzen. Energie sparen basiert meistens auf Empfehlungen. Es bräuchte weitere Vorschriften, so wie es sie im Gebäudebereich bereits gibt. Sonst gehen diese Sachen vergessen, sobald der Strompreis wieder sinkt.
Wie gross ist denn das Sparpotential überhaupt?
Bei der Schwerindustrie ist bereits viel passiert, auch unter dem Druck der Energiepreise. Wir sehen sehr viel Potenzial bei der generellen Industrie. Das sind Betriebe, die zum Beispiel etwas verpacken oder etwas herstellen. Wir gehen davon aus, dass man dort weltweit noch 70 Prozent Energieeffizienz herausholen kann: bei Gebäuden und bei Produktionsanlagen.
Die Unternehmen fürchten die hohen Kosten für diese Umrüstung. Ihr Konzern hat letztes Jahr Rekordgewinne geschrieben und will dieses Jahr weiter wachsen. Heisst das, des einen Leid ist des anderen Freud?
Nein, das kann ich nicht bestätigen. Unser Geschäft soll den Kunden helfen, effizienter zu werden, auch auf dem Weg zur CO₂-Neutralität. Dieser Bedarf ist da. Er wird auch stark gestützt durch Subventionsprogramme wie den Green Deal in Europa.
Es gibt verschiedene Programme auch in den USA, China, Indien … das sind Milliarden. Man will klimaneutral werden, das bedeutet, man muss Geld investieren. Wir sind in diesem Geschäft drin.
Welche Rolle kann die Künstliche Intelligenz beim Sparen spielen?
Ein Beispiel: Wir haben eine Lösung mit einem digitalen Zwilling, womit wir eine Produktionslinie programmieren. Heute braucht man dafür 2–3 Tage. Wir haben aufgrund des Fachkräftemangels zu wenig Ingenieure. Mit KI könnten wir die 3 Tage auf 2–3 Stunden kürzen. Das heisst, es ist viel mehr Kapazität verfügbar für andere Projekte. Das testen wir momentan und möchten es das nächste Jahr auf den Markt bringen.
Das Gespräch führte Karoline Arn.