Ein Kuhfladen kann unangenehm sein, wenn er am Wanderschuh Spuren hinterlässt, ein Kuhfladen ist aber voller Energie, die genutzt werden kann. Aus Kuhfladen kann Gas und daraus wiederum Strom gewonnen werden.
Der Rest dient als Dünger. Solche und andere Möglichkeiten zur Energiegewinnung will die Schweizer Berghilfe verstärkt fördern.
Mit dem technischen Fortschritt gibt es neue Möglichkeiten, Energie zu produzieren, insbesondere mit Biomasse.
Die Berghilfe ist eine Stiftung, die sich der Verbesserung der Lebensgrundlagen der Bergbevölkerung verschrieben hat. Co-Geschäftsführer Kurt Zgraggen spricht von neuen Chancen: «Unser Ziel ist, dass die Leute im Berggebiet ein Einkommen haben und nicht abwandern müssen. Mit dem technischen Fortschritt gibt es neue Möglichkeiten, Energie zu produzieren – insbesondere mit Biomasse, sei es mit Gülle oder Mist.»
Mit Holzschnitzel Dörfer heizen
Dabei zielt die Berghilfe auf die Produktion von Strom, aber auch von Wärme – zum Beispiel können in Berggebieten Kraftwerke, die mit Holzschnitzel aus der Umgebung befeuert werden, ganze Dörfer CO2-neutral und erst noch wirtschaftlich mit Wärme versorgen. Weil solche Anlagen oft hohe Anfangsinvestitionen erfordern, sei der Beitrag der Berghilfe meist entscheidend, aber je nach Projekt unterschiedlich hoch, sagt Zgraggen.
Es gehe um die Bedarfsgerechtigkeit. «Wir schauen die Rentabilität eines Projektes an, schauen die Finanzen an; wie schnell kommt das Geld zurück?», erklärt Zgraggen. «Es ist immer ein entscheidender Beitrag, der geleistet wird.» Der Beitrag der Berghilfe sei nicht nur ein Prozent, er könne aber auch nicht über 50 Prozent sein. «Dann hat das Projekt irgendwo einen Bock drin.»
Die Berghilfe fokussiert also vor allem auf die wirtschaftlichen Chancen für die Bergbevölkerung. Um die Energiewende für die ganze Schweiz zu schaffen – das heisst, die Schweizer AKWs klimafreundlich zu ersetzen, wie es die Strategie des Bundes bis 2050 vorsieht –, reichen diese Projekte jedoch nicht. Dazu wären grössere Anlagen nötig – auch in den Bergen.
Ideale Bedingungen in den Alpen
Das Augenmerk richtet sich derzeit vermehrt auf Solarstromanlagen, weil diese im Winter viel Strom produzieren könnten. Jürg Rohrer, Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, erklärt wieso: Zum einen ist die Einstrahlung in den Alpen grundsätzlich höher als im Mittelland, zum anderen haben wir im Winter keine Hochnebellagen in den Bergen.»
Zum einen ist die Sonneneinstrahlung in den Alpen grundsätzlich höher als im Mittelland, zum anderen haben wir im Winter keine Hochnebellagen.
Wichtig sei auch die Reflexion an der Schneeoberfläche. «Dazu kommen noch kühle Temperaturen», so Rohrer. Alles zusammen führe zu einer massiven Mehrproduktion auf derselben Fläche in den Alpen. Derzeit testet er mit Forschern eine kleine Solarstromanlage im Parsenngebiet oberhalb von Davos.
Erneuerbare nur als Ergänzung
Die Resultate seien ermutigend, das Potenzial theoretisch grenzenlos. In der Praxis seien grosse Photovoltaikanlagen vor allem in Skigebieten und entlang von Hochspannungsleitungen realistisch, weil dort bereits in die Natur eingegriffen wurde und Anschlüsse ans Stromnetz vorhanden sind.
Doch Rohrer betont: «Man muss ganz klar sehen, dass die Photovoltaik in den Alpen nur als Zusatz zu jener im Mittelland infrage kommt.» Die Berggebiete werden ihre traditionelle Rolle als Energieproduktionsstandort mit kleineren und grösseren erneuerbaren Anlagen also wohl weiter ausbauen. Allein auf Sonne, Holzschnitzel und Kuhfladen aus den Bergen zu hoffen, wäre aber verfehlt.
Rendez-vous, 07.02.2020, 12.30 Uhr