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Entlastungspaket 27 Bund kratzt an der Solidarität zwischen den Kantonen

Der Bundesrat will den städtischen Kantonen Gelder streichen. Die Kantone sehen den Finanzausgleich beschädigt.

Städtische Regionen sind überproportional belastet durch soziale Probleme und hohe Bevölkerungsdichte. Schon lange kritisieren die Zentrumskantone, dass diese Lasten im Nationalen Finanzausgleich zu wenig abgegolten werden.

Doch jetzt will der Bundesrat ausgerechnet hier sparen. Im «Entlastungspaket 27», das er wegen der Finanzprobleme des Bundes geschnürt hat, soll der soziodemografische Lastenausgleich um 140 Millionen Franken, um etwa einen Viertel, gekürzt werden.

«Die Kürzung ist hoch problematisch»

Mitte Monat haben die Kantone ihre Vernehmlassungsantwort zum Entlastungspaket publiziert.

Auf Anfrage sagt Ernst Stocker, Finanzdirektor des Kantons Zürich und Präsident der kantonalen Finanzdirektoren: «Die Kürzung ist hoch problematisch, der Nationale Finanzausgleich ist ein zentrales Element der Schweiz, um ihren Ausgleich zu bewahren.» Wenn man da eine Stellschraube ändere, «wird dieser ganze Kompromiss ins Wanken kommen.»

Nationaler Finanzausgleich

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Der Nationale Finanzausgleich basiert auf der Idee, dass wirtschaftlich starke Kantone und der Bund den finanziell schwächeren Kantonen helfen. Er besteht aus zwei Elementen:

  • Der Ressourcenausgleich soll sicherstellen, dass jeder Kanton genügend finanzielle Mittel hat, um seine Aufgaben wahrzunehmen, und garantiert eine Mindestausstattung von 86.5 Prozent des schweizerischen Mittels. Der Bund finanziert rund zwei Drittel und die Kantone einen Drittel der Ausgleichszahlungen.
  • Der Lastenausgleich wird ausschliesslich durch den Bund finanziert. Er unterstützt Gebirgs- und Zentrumskantone, die überdurchschnittliche Kosten tragen müssen, die sie nicht beeinflussen können. Der geografisch-topografische Lastenausgleich gleicht aktuell 30 Prozent der Kosten aus, die aufgrund der Höhenlage, der Steilheit des Geländes oder der geringen Besiedlungsdichte anfallen. Der soziodemografische Lastenausgleich gleicht aktuell 14 Prozent der Kosten aufgrund der Bevölkerungsstruktur (Armut, Alter und Ausländerintegration) und 5.5 Prozent der Kosten aufgrund der Zentrumsfunktion (Verkehr, Sicherheit etc.) aus.

Quellen: EFD / Wirksamkeitsbericht NFA 2020-2025

Der Nationale Finanzausgleich ebnet finanzielle Ungleichheiten zwischen den Kantonen aus, und dazu zählen auch besondere Belastungen. So erhalten Bergkantone Geld, weil ihnen durch ihre Topografie hohe Kosten entstehen. Die urbanen Zentrumskantone bekommen Geld, weil sie wegen ihrer Zentrumsfunktion etwa bei Verkehr, Sicherheit oder im Sozialen hohe Ausgaben haben. Die Lastenausgleiche bezahlt ausschliesslich der Bund.

Betroffenheit der Kantone sei unvermeidlich

Die Zentrumskantone kritisierten immer wieder, dass der soziodemografische Topf weniger gut gefüllt sei als der geografisch-topografische Topf. Mit der Reform des Finanzausgleichs 2020 ist der Bund ihnen entgegengekommen und hat den soziodemografischen Ausgleich um 140 Millionen Franken erhöht, genau um den Betrag, der nun wieder abgebaut werden soll.

Auf Anfrage schreibt das Finanzdepartement des Bundes, dass die mit der Reform insgesamt erwartete Entlastung des Bundes nicht eingetreten sei, «daher sollen diese zusätzlichen Einlagen […] rückgängig gemacht werden.» Allgemein hält es fest: «Da die Kantone etwa 30 Prozent der Bundesausgaben erhalten, ist es unvermeidlich, dass auch sie von den Entlastungsmassnahmen betroffen sind.»

Lastenausgleich für Zentren nicht nötig?

Aufhorchen lässt die Kantone jedoch vor allem eine Zeile aus dem Expertenbericht zum Entlastungspaket. Die Expertengruppe äussert «grundsätzliche Zweifel an der Notwendigkeit eines soziodemografischen Lastenausgleichs. Damit wird Geld vom Bund in die eher ressourcenstarken Kantone verschoben.»

Wir sind solidarisch mit den anderen. Also erwarten wir eigentlich, dass die anderen mit uns solidarisch sind.
Autor: Ernst Stocker Finanzdirektor des Kantons Zürich

Für den Zürcher Finanzdirektor Ernst Stocker ist das ein Angriff auf die Prinzipien des Finanzausgleichs: «Wir sind solidarisch mit den anderen. Also erwarten wir eigentlich, dass die anderen mit uns solidarisch sind.» Denn: Genauso wenig wie Graubünden seine Berglandschaft beeinflussen könne, könne Zürich seine Zentrumsfunktion abschütteln. Der Bund ritze mit seiner Einsparung den «fein austarierten Kompromiss» des Nationalen Finanzausgleichs.

Echo der Zeit, 24.03.2025, 18 Uhr

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