Die schwierige Finanzlage der Armee hat Anfang Jahr für Schlagzeilen gesorgt. Verteidigungsministerin Viola Amherd beschwichtigte damals und nannte die Verhältnisse «alles andere als exotisch». Nun aber zeigen Recherchen von SRF konkrete Folgen der Finanzprobleme. Es geht zum Beispiel um Munition, Fahrzeuge oder andere militärische Ausrüstung. Das Parlament hat diese Käufe bewilligt, teilweise sind Kaufverträge unterschriftsbereit: Nur fehlt der Armee das Geld.
1 Milliarde fehlt allein nächstes Jahr
Allein nächstes Jahr können für die Armee dringend benötigte Beschaffungen im Wert von 971 Millionen Franken nicht finanziert werden. Diese Zahl steht in einer Aktennotiz des Bundesamts für Rüstung Armasuisse vom Mai, in die SRF Einblick hatte. Es geht um Käufe, die bereits geplant und vorbereitet, für die aber noch kein Kaufvertrag unterschrieben ist.
Armasuisse-Chef Urs Loher bestätigt die Angaben. Er spricht von einem «Planungsüberhang». Diesen gebe es jedes Jahr, zurzeit sei er aber «unüblich gross». Die Gründe sind zum Teil hausgemacht: In den letzten Jahren liess sich die Armee von Bundesrat und Parlament wiederholt höhere Rüstungskäufe bewilligen, als sie ursprünglich selbst geplant hatte. Hinzu kamen höhere Betriebskosten und die Teuerung.
Verschiebungen und Abbrüche
Die Armeeführung hat Mitte April einen grossen Teil der Projekte in vier Prioritätsstufen eingeteilt: Nur Einkäufe mit Priorität 1 werden wie geplant ab nächstem Jahr angepackt. Der Rest – und das dürfe die Mehrheit der Projekte sein – verschiebt sich je nach Einstufung um mehrere Jahre.
«Es geht darum, die noch zur Verfügung stehenden Mittel optimal zu nutzen», sagt Rüstungschef Urs Loher. Welche Projekte wie eingestuft wurden, gibt er nicht preis. Vorrang hätten Käufe, die der Stärkung der Verteidigungsbereitschaft dienten. Verschoben werde zum Beispiel der Kauf von Lastwagen. Bei Projekten der Priorität 4 sei auch ein Abbruch möglich, so Loher.
Vertrauen der Lieferanten in Gefahr
Vieles also kommt später, manches gar nicht: Leidtragende sind Lieferanten, die fest mit Aufträgen gerechnet hatten. In der Aktennotiz schreibt Armasuisse: «Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit des Bundes dürfte aufgrund der nicht verlässlichen Planung insbesondere bei den KMU leiden und zu einem Vertrauensverlust führen.»
Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit des Bundes (...) dürfte aufgrund der nicht verlässlichen Planung insbesondere bei den KMU leiden und zu einem Vertrauensverlust führen.
Rüstungschef Loher ergänzt: «Wenn man kurz vor Vertragsabschluss steht und das Geschäft dann nicht kommt, kann das zu einem Vertrauensverlust führen». Kleinere Unternehmen würden eher damit rechnen, dass besprochene Geschäfte tatsächlich kämen: «Das geschieht jetzt möglicherweise nicht überall.» Seine Leute würden aber auf kleine Lieferanten – wenn möglich – Rücksicht nehmen.
Hoffen können auch Schweizer Niederlassungen von ausländischen Rüstungsfirmen. Diese würden nur im Land bleiben, wenn sie hier einen bestimmten Umsatz erzielten, so Loher: «Dies werden wir berücksichtigen.» Die Gespräche mit Lieferfirmen laufen bis Ende Jahr. Und in spätestens fünf Jahren sollen alle Pendenzen abgetragen sein. Das Armeebudget nämlich steigt Jahr für Jahr. Dadurch steht laufend mehr Geld zur Verfügung.