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BGE: Steuerämter bei ausstehender Steuererklärung zurückgebunden
Aus Rendez-vous vom 25.09.2024. Bild: Keystone/Laurent Gillieron
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Entscheid des Bundesgerichts Steuerämter dürfen Veranlagung nicht als Strafmittel missbrauchen

Bundesgericht: Wer keine Steuererklärung einreicht, darf nicht mit immer höheren Veranlagungen «bestraft» werden.

Der Fall: Ein Rentnerpaar aus dem Kanton Bern hatte während mehrerer Jahre keine Steuererklärung eingereicht. Wie in solchen Fällen üblich, schätzte die Steuerbehörde dessen Vermögen und Einkommen selbst ein. Allerdings viel zu hoch. Und nicht nur das: Obwohl die Behörde aufgrund einer Pfändung wusste, dass sie das Paar zu hoch eingeschätzt hatte, erhöhte sie das geschätzte Einkommen und Vermögen zusätzlich von Jahr zu Jahr –  bis ins Absurde. So waren die Steuerrechnungen am Ende dreimal höher, als wenn das Paar die Steuererklärung korrekt ausgefüllt hätte – zusätzlich zu Bussen in der Höhe von 75'000 Franken. Der Rentner ging vor Gericht.

Das Urteil: In dem besonders krassen Fall aus dem Kanton Bern hat das Bundesgericht jetzt eingegriffen und die Steuerschätzungen in einem Leitentscheid für nichtig erklärt: Personen, die keine Steuererklärung einreichen, dürfen nicht mit überrissenen Steuererklärungen bestraft, sondern allenfalls gebüsst werden. Bereits 2017 hatte das Bundesgericht entschieden, dass Steuereinschätzungen möglichst nahe an der Realität liegen müssen. Doch offenbar halten sich nicht alle Steuerämter daran. Wer sich nicht wehrt, zahlt dann zu viel Steuern – bis zum Ruin.

Die Begründung: In dem Leitentscheid schreibt das Bundesgericht, die Steuerverwaltung habe die Einschätzung dazu missbraucht, den Mann dafür zu bestrafen, dass er keine Steuererklärung eingereicht habe. Dafür sei jedoch die Busse da und nicht die Veranlagung, die der Wirklichkeit möglichst nahekommen soll. Die Steuerbehörde dürfe die Schätzung nur erhöhen, wenn sie Indizien dafür habe, dass die Person mehr verdiene. Im vorliegenden Fall habe die Behörde aber gewusst, dass sie den Mann zu hoch eingeschätzt habe, und trotzdem die Schätzung erhöht. Dieses Verhalten der Steuerverwaltung sei «stossend und steht im groben Widerspruch zur gesetzlichen Ordnung».

Die Folgen: Wie viele Personen in der Schweiz von ähnlichen Fällen betroffen sind, ist statistisch nicht erhoben. Doch schätzungsweise reichen zwischen zwei und fünf Prozent der Steuerpflichtigen keine Steuererklärung ein. Das wären also Zehntausende. Viele, weil sie sich offenbar überfordert fühlen. Der Anwalt des Rentners wertet das höchstrichterliche Urteil als Schuss vor den Bug für die Steuerämter: «Personen, die von Jahr zu Jahr höher eingeschätzt wurden, können nach diesem Urteil neue Hoffnung schöpfen und unter Umständen eine Nichtigkeitsbeschwerde einreichen. Die Nichtigkeit kann jederzeit nachträglich eingereicht werden, auch wenn sämtliche Rechtsmittel bereits abgelaufen sind.»

Rendez-vous, 25.9.2024, 12:30 Uhr;stal

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