Der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner geniesst keinen Immunitätsschutz im Zusammenhang mit einem islamkritischen Beitrag in den sozialen Medien. Das hat die Immunitätskommission des Nationalrats entschieden.
Entsprechend tritt sie auch nicht auf ein Gesuch der Staatsanwaltschaft zurAufhebung seiner Immunität ein.
Der Entscheid zur Aufhebung der Immunität der SVP-Nationalräte Thomas Aeschi und Michael Graber wurde vertagt.
Die Immunität von SVP-Ständerat Marco Chiesa und dem damaligen SVP-Generalsekretär Peter Keller im Zusammenhang mit Untersuchungen wegen einer SVP-Wahlkampagne wird nicht aufgehoben.
Andreas Glarner
Die Immunitätskommission (IK-N) des Nationalrates kam zum Schluss, dass Glarner nach Äusserungen gegen den Islam im Kurznachrichtendienst X keinen Schutz vor Ermittlungen durch parlamentarische Immunität geniesst. Sie trat damit auf ein Gesuch um Aufhebung von Glarners Immunität zur Durchführung von Ermittlungen nicht ein, wie die Parlamentsdienste mitteilten.
Das Gesuch gestellt hatte die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern. Sie hatte um eine Ermächtigung ersucht, gegen Glarner wegen Verdachts auf Diskriminierung und Aufruf zu Hass gemäss der Antirassismus-Strafnorm ermitteln zu können.
Die Mehrheit der IK-N ist der Ansicht, dass Ratsmitglieder gegenüber Privatpersonen nicht pauschal privilegiert werden sollten, wenn sie sich auf für alle zugänglichen Plattformen äussern.
Einschätzung von SRF-Bundeshauskorrespondentin Mirjam Spreiter
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Die Immunitätskommission hat heute zwei interessante Entscheide gefällt: Andreas Glarner wird sich wohl vor der Justiz verantworten müssen, falls die ständerätliche Kommission gleich entscheidet wie ihre Schwesterkommission. Denn: Die politische Immunität gilt nur für Tätigkeiten und Äusserungen, die im Zusammenhang mit dem politischen Mandat stehen. Das sei nicht der Fall, wenn sich Politiker auf den sozialen Medien äusserten, so die Kommission. Denn sonst würden sie besser behandelt als Privatpersonen, die dort Beiträge verfassen. Das würde heissen, Andreas Glarner geniesst für seine Äusserungen in den sozialen Medien keinen Immunitätsschutz. Solche Entscheide haben die Kommissionen auch schon gefällt, zum Beispiel bei SP-Nationalrat Fabian Molina 2022 oder bei SVP-Ständerat Pirmin Schwander 2016.
Der zweite Entscheid ist vielmehr ein Nicht-Entscheid oder ein Aufschieben, aber gerade deshalb interessant. Im Vorfeld war damit gerechnet worden, dass die Immunität von allen fünf Parlamentariern nicht angetastet wird. Denn die Meinungsäusserungsfreiheit der Politiker wird sehr hoch gewichtet. Im konkreten Fall von Thomas Aeschi und Michael Graber handelt es sich aber um eine neue Qualität: es war keine Meinungsäusserung, sondern eine Tätlichkeit, die so wohl noch nie stattgefunden hat im Bundeshaus. Deshalb will die Kommission noch weitere Abklärungen, bevor sie einen definitiven Entscheid fällt. Sollte sie die Immunität der beiden aufheben, wäre das bemerkenswert. Denn bisher wurde erst in einem Fall die Immunität eines Ratsmitglieds aufgehoben.
Nun hat die zuständige Ständeratskommission über das Gesuch zu entscheiden.
Thomas Aeschi und Michael Graber
Bei Thomas Aeschi und Michael Graber ging es um ein Handgemenge, das sie sich während der Sommersession und am Tag des Besuches des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk im Bundeshaus mit Polizisten geliefert hatten. Hierzu will die Immunitätskommission des Nationalrats (IK-N) den Entscheid vertagen, bis ihr eine Stellungnahme der Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung vorliegt.
Letztere soll zuerst darlegen, ob die beiden Nationalräte aus ihrer Sicht die Sicherheitsvorschriften für das Gebäude verletzt haben, teilte die IK-N mit.
02:37
Video
Aus dem Archiv: Handgemenge im Bundeshaus
Aus 10 vor 10 vom 12.06.2024.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 37 Sekunden.
Marco Chiesa und Peter Keller
Die Immunität von SVP-Ständerat Marco Chiesa sowie des ehemaligen SVP-Nationalrats und -Generalsekretärs Peter Keller im Zusammenhang mit Untersuchungen wegen einer SVP-Wahlkampagne heben die zuständigen Parlamentskommissionen nicht auf. Die Berner Justiz wollte untersuchen, ob die SVP-Kampagne mit dem Slogan «Neue Normalität?» von 2023 gegen die Antidiskriminierungsnorm verstossen hat. Die Kampagne für die Wahlen im Herbst 2023 prangerte mit dem Slogan «Neue Normalität» kriminelle Handlungen von Asylsuchenden an.
Die Immunitätskommission des Nationalrates befindet, die Aussagen der Kampagne seien der freien Meinungsäusserung und -bildung im Rahmen des demokratischen Wahlkampfes zuzuordnen. Deshalb müssten sie toleriert werden.
Bezüglich Chiesa hat die Rechtskommission des Ständerats bereits entschieden: Seine Immunität soll bestehen bleiben.
Immunität der Bundesbehörden
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Die Mitglieder von National- und Ständerat sind durch ihre absolute und relative Immunität grundsätzlich vor Strafverfolgung geschützt. Zweck dieser Privilegien ist der Erhalt der Funktionsfähigkeit der Bundesbehörden. Unterschieden wird zwischen der absoluten und der relativen Immunität.
Die Mitglieder der Bundesversammlung geniessen für ihre Äusserungen in den Räten und deren Organen eine absolute Immunität. Sie können für diese Äusserungen weder strafrechtlich noch zivilrechtlich noch disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden.
Für strafbare Handlungen mit unmittelbarem Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit und Stellung geniessen Mitglieder der Bundesversammlung eine relative Immunität. Diese schützt vor strafrechtlicher, jedoch nicht vor zivilrechtlicher Verfolgung.
Im Gegensatz zur absoluten Immunität kann die relative Immunität aufgehoben werden. Veranlassen muss das eine Strafverfolgungsbehörde mit einem Gesuch. Die Immunitätskommission des Nationalrats (IK-N) und die Rechtskommission des Ständerats (RK-S) beraten das Gesuch nacheinander. Zuerst ist die Kommission am Zug, der das beschuldigte Ratsmitglied angehört.
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