Der Umzug «Marsch fürs Läbe» gibt in Zürich seit Jahren zu reden: Nun hat die Stadt einen Schritt auf die Organisatoren zugemacht. Sie erlaubt den Veranstaltern, die mehrheitlich Mitglieder in christlichen Organisationen sind und ein Zeichen gegen Abtreibungen setzen wollen, nicht nur eine Kundgebung an einem fixen Standort, sondern sie lässt die Protestierenden marschieren.
Zuletzt hatte die Stadt den Umzug aus Sicherheitsgründen abgelehnt. Zu gross war die Angst vor gewaltsamen Gegenprotesten – wie beispielsweise vor zwei Jahren. Nun erlaubt die Stadt den Umzug dennoch, sie will aber bei der Route entscheidend mitreden.
Kehrtwende nach Statthalter-Urteil
Ganz freiwillig kommt dieser Meinungsumschwung indes nicht. Die Stadt Zürich wollte ursprünglich auch in diesem Jahr nur eine stehende Kundgebung auf dem Turbinenplatz in Zürich-West erlauben, wurde aber Ende Mai vom Statthalter des Bezirks Zürich zurückgepfiffen.
Das Urteil des Statthalters: Eine Demonstration im Zürcher Industriequartier werde nicht gleich wahrgenommen wie ein Umzug. Auch der «Marsch fürs Läbe» stehe unter dem Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die Behörden müssten daher eine sichere Durchführung des Umzugs gewährleisten.
Zürich verhandelt, Route ungewiss
Aber schon der Statthalter hielt fest: Die Stadt Zürich könne über Start und Ziel sowie die Marschroute entscheiden. Und dies will die Stadt nun machen. «Wir versuchen nun einen Weg zu finden, der hoffentlich gut kommt», sagt die Zürcher Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart. Sie will mit den Organisatoren des «Marsch fürs Läbe» nun die Route für den 18. September aufgleisen.
Die Organisatoren des «Marsch fürs Läbe» zeigen sich gegenüber dem Regionaljournal Zürich Schaffhausen erfreut über den Entscheid. Bislang habe man den Anlass nicht richtig planen können, sagt Sprecherin Beatrice Gall. Dies habe sich mit dem jetzigen Entscheid geändert. Die Organisatoren freuen sich auf die Verhandlungen mit der Stadt, halten aber fest: «Wir müssen zuerst schauen, welche Routen uns präsentiert werden. Wenn die weit von unserer Intention entfernt sind, nämlich eine gewisse Appellwirkung zu erzielen, dann wird es sicher Diskussionen geben.»
Die Angst vor erneuten Auseinandersetzungen
Welche Routen zur Diskussion stehen, ist nicht bekannt, deren Ausarbeitung dürfte für die Beteiligten aber zum Spiessrutenlauf werden. Denn die Vergangenheit zeigt: Mit Gegenprotesten muss gerechnet werden. Erst im September 2019 ist es im Zusammenhang mit dem «Marsch fürs Läbe» zu schweren Ausschreitungen gekommen. Bei einem unbewilligten Gegenprotest wurden damals Brände gelegt und Löschfahrzeuge attackiert.
Die Stadt Zürich befürchtet auch bei der Kundgebung in diesem Jahr gewaltsame Gegenproteste. Es sei aber Pflicht der Stadt, den Schutz der Protestierenden sicherzustellen, betont Beatrice Gall vom «Marsch fürs Läbe». Gerade in der Coronazeit habe die Polizei, zum Beispiel mit Wegweisungen, Erfahrungen bei Kundgebungen gesammelt. Und in diese Richtung könne man gehen, so Gall, um auch ihre Sicherheit zu gewährleisten.