In Gals im Berner Seeland recken weisse Spargeln ihre Köpfchen aus der braunen Erde. Mitten drin steht Landwirt Patrik Niederhauser. Er ist auf seinem täglichen Kontrollgang.
Mit den meisten Spargeln ist er zufrieden. Aber es gibt auch einzelne mit braunem Köpfchen. Diese sind bereits vertrocknet. Oder «verbrannt», wie Niederhauser sagt. «Der warme Frühling hat den Spargeln einen regelrechten Schub gegeben. Bereits Ende März ging es los, also gut drei Wochen früher als in anderen Jahren.»
Das Frostrisiko bleibt
Nicht nur der Spargel ist dieses Jahr früher dran als sonst, auch die Erdbeere gedeiht fleissig – dies bestätigt Louis Sutter von Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung. «Bereits Ende April werden die ersten Erdbeeren wohl reif sein», schätzt er.
Die frühreifen Pflanzen entsprechen laut Sutter einem Trend, den die Forschungsanstalt schon länger beobachtet. «Die milden Winter und die hohen Frühlingstemperaturen sorgen generell für einen früheren Vegetationsstart, auch andere Obst- und Gemüsesorten sind früher dran als noch vor 30 Jahren.»
Ein Frühstart bringt landwirtschaftlichen Betrieben einerseits den Vorteil, dass sie die grosse Nachfrage auffangen können. Gerade Beeren sind bei der Kundschaft schon im Frühjahr sehr beliebt.
Beeren brauchen eine Kältedauer, damit sie überhaupt beginnen, Blüten zu machen.
Andererseits sei es wichtig, nicht ausschliesslich auf die frühe Ernte zu setzen, sagt Sutter. «Je früher man dran ist, desto grösser ist das Risiko von Frost.» Die Eisheiligen stehen noch bevor.
Allerdings: Ein gewisses Mass an Kälte sei wichtig für die Pflanzen. «Beeren brauchen eine Kältedauer, damit sie überhaupt beginnen, Blüten zu machen», sagt Sutter. Darum würden sie nicht mehr gedeihen, wenn wir keine Winter mehr hätten.
Gestaffelte Ernte – eine Herausforderung
Eine weitere Herausforderung ist die Dauer der Saison – sie verlängert sich mit der frühen Reife. «Es braucht viel Organisation und Know-how, um die Ernte gestaffelt auf den Markt bringen zu können», erklärt Sutter. Und letztlich spiele auch der Pflanzenschutz eine Rolle. Denn: Eine frühere Ernte bedeute auch, dass Landwirtinnen und Landwirte mit anderen Schädlingen zu kämpfen haben als gewohnt.
Zusammengefasst: Die frühe Ernte ist für die Landwirtschaft weder gut noch schlecht. Oder wie Louis Sutter von Agroscope sagt: «Eine Tatsache, mit der wir leben müssen.»
Landwirt Patrik Niederhauser sieht es vor allem positiv. Für seinen weissen Spargel gelte: «Je früher, desto besser.» Denn: Am Anfang der Saison kann er sie teurer verkaufen. Und: Spätestens im Juni sinkt die Nachfrage nach Spargel.