Wenn es um den Eurovision Song Contest geht, ist oft die Rede von Wertschöpfung. Basel-Stadt möchte rund 35 Millionen Franken für die Durchführung ausgeben. Ausgehend von einer Studie zum ESC in Liverpool 2023, bei dem etwa 65 Millionen Franken zurückgeflossen seien, erwartet der Kanton eine «gigantische Wertschöpfung». Der Basler Regierungspräsident Conradin Cramer sagt, der Grossanlass rentiere sich für den Kanton und das lokale Gewerbe.
Mehr als nur ein grosses Konzert
Auch für die Stadt Malmö, die den ESC vor 2024 bereits 2013 ausgetragen hatte, resultierte ein Gewinn. Die Bürgermeisterin Katrin Stjernfeldt Jammeh sprach gar von einer Rendite von 700 Prozent.
Detailhandel will maximal profitieren
Diese Aussichten haben die Gewerbetreibenden des Schweizer Austragungsortes auf den Plan gerufen. Sie wollen am Sonntag während der ESC-Woche ihre Läden in Basel öffnen.
Der Wunsch nach einem verkaufsoffenen Sonntag am 11. Mai 2025 sei gleich von mehreren Geschäften an ihn herangetragen worden, sagt Mathias Böhm, Geschäftsführer Verein «Stadtkonzept Basel». Der Verein vertritt die Läden in Basel-Stadt.
«Wir wollen den vielen Gästen eine Stadt zeigen, die sich nicht nur in ihrer Haltung offen präsentiert, sondern auch in den Rahmenbedingungen», sagt Böhm. Damit meint er offene Läden auch am Sonntag. Er sei überzeugt, dass die vielen ESC-Gäste das auch erwarten würden.
Linke ist sich uneins
In der Basler Politik reisst Böhm mit dieser Forderung eine alte Diskussion auf: die der Ladenöffnungszeiten. Basel hat bereits mehrfach über Lockerungen abgestimmt. Die Ladenöffnungszeiten wurden jedoch kaum gelockert, und die meisten Läden müssen am Sonntag geschlossen bleiben.
Das ist für die Menschen in Basel eine Chance, dass sie vom ESC profitieren können.
Beim ESC-Sonntag im Mai 2025 sind Gegnerinnen und Gegner der Sonntagsverkäufe allerdings im Zwiespalt. Derzeit gibt es pro Jahr zwei solcher Sonntage, jeweils kurz vor Weihnachten. Und das soll grundsätzlich so bleiben, sagt Michela Seggiani, Fraktionspräsidentin der SP im kantonalen Parlament.
«Während dem ESC hört sich ein Sonntagsverkauf aber gut an», sagt sie. «Das ist für die Menschen, die in Basel leben und arbeiten eine Chance, dass sie vom ESC profitieren können.» Sie sage deshalb spontan Ja zu einer Ausnahmebewilligung.
Anders Basta-Grossrat und Gewerkschafter Nicola Goepfert. Er befürchtet, dass auf die Ausnahme während des ESC gleich eine weitere Ausnahmebewilligung folgen könnte. Im Juli ist Basel nämlich Austragungsort der Fussball-Europameisterschaft der Frauen.
Sonntagsverkäufe sind in anderen Ländern ganz normal.
Bei der Forderung nach einer Ausnahmebewilligung für den ESC wittert SVP-Kantonalpolitiker Joel Thüring tatsächlich eine Chance auf weitere Sonntagsverkäufe. «Sonntagsverkäufe sind in anderen Ländern ganz normal.» Habe er Gäste aus dem Ausland, bemerke er, dass die sich «überhaupt nicht vorstellen können, dass man am Sonntag nicht einkaufen kann.»
ESC-Ausnahme: Neuer Schwung für alte Debatte
Ähnlich äussert sich FDP-Grossrat Christian Moesch. Ausgehend von einer ESC-Ausnahmebewilligung könne er sich durchaus vorstellen, «wieder mal einen Verstoss in Richtung verkaufsoffene Sonntage» zu machen.
Die Frage, ob die Läden am Sonntag der ESC-Woche offen haben dürfen, lässt in Basel also alte Grundsatzdiskussionen aufleben. Und das noch bevor überhaupt ein Entscheid da ist, ob die Läden während des Grossanlasses wie an normalen Sonntagen geschlossen sein müssen oder ob sie ausnahmsweise offen haben dürfen.