Momentan sind Kinos, Theater, Sportanlagen und Restaurants behördlich geschlossen. Aber wenn der Bundesrat das Ende des Shutdowns beschliesst, wird ein Thema schnell aktuell – nämlich wenn ein Kinobetreiber sagen würde: «Bei mir braucht es keine Masken und keinen Mindestabstand, aber dafür sind nur Personen willkommen, die geimpft sind gegen das Coronavirus.»
Wäre das in Ordnung? Nein, sagt Andrea Büchler, Präsidentin der Nationalen Ethikkommission (NEK) im Bereich der Humanmedizin. In einem Kino gebe es mildere Massnahmen, um sich zu schützen. «Wir kennen sie alle: Maske tragen, Abstand wahren und so weiter. Und da wäre eine Differenzierung aufgrund des Impfnachweises aus ethischer Sicht nicht zu rechtfertigen.»
Eine Quarantänepflicht kann nicht mehr gerechtfertigt werden, wenn klar ist, dass von der geimpften Person keinerlei Gefahr ausgehen kann.
Doch die NEK ist nicht grundsätzlich gegen eine unterschiedliche Behandlung von geimpften und ungeimpften Personen. Wenn die Wissenschaft belegen könnte, dass Geimpfte das Virus nicht weitergeben können, dann sollte man ihnen keine Quarantäne auferlegen, meint Büchler: «Eine Quarantänepflicht kann nicht mehr gerechtfertigt werden, wenn klar ist, dass von der geimpften Person keinerlei Gefahr ausgehen kann.»
Impfnachweis für Flugreisen denkbar
Die Rechtsprofessorin an der Universität Zürich kann sich auch vorstellen, dass etwa Fluggesellschaften einen Impfnachweis verlangen dürften. Denn auf langen Flügen sei der Schutz der Passagiere nur sehr schwer zu garantieren. Deshalb wäre eine Impfung als Voraussetzung verhältnismässig.
Ethische Erwägungen zur Covid-19-Impfung
Wehren würde sich die NEK aber gegen eine Impfpflicht von bestimmten Berufsgruppen, zum Beispiel des Pflegepersonals: «Hier kommt die Ethikkommission klar zum Schluss, dass ein solches Impf-Obligatorium nicht verhältnismässig wäre, dass vor allem auch einige auch negative Konsequenzen zu erwarten wären, was das Gesundheitspersonal angeht.»
Ethikkommission gegen Obligatorium
Die Freiheit des Personals würde zu stark eingeschränkt, sagt Büchler.
Wichtig ist der Präsidentin der Ethikkommission, dass kein Impfzwang entsteht – auch kein indirekter: Durch die Corona-Impfung dürfe es nicht zur Diskriminierung einzelner Personen oder Berufsgruppen kommen.
Rechtlich gesehen ist es so, dass der Staat und staatliche Firmen ihre Dienstleistungen allen Personen anbieten müssen. Für Private gilt hingegen die Vertragsfreiheit, sie müssen also ihre Dienste nicht allen anbieten. Aus diesem Grund wünscht die Ethikkommission, dass diese heiklen Fragen rund um die Corona-Impfung genauer gesetzlich geregelt werden.
Entsprechende Arbeiten sind beim Bundesamt für Justiz am Laufen.