Die Chance, dass eine Volksinitiative in der Schweiz gutgeheissen wird, liegt statistisch bei ungefähr zehn Prozent. Wer daraus ableitet, dass es im Vorzeigeland der direkten Demokratie wohl nicht viel auf sich habe mit der «Herrschaft des Volkes», liegt falsch.
Denn die eigentliche Kraft einer Initiative entfaltet sich oft im parlamentarischen Prozess – unabhängig davon, ob eine Initiative am Schluss überhaupt angenommen wird. Die Diskussion um die sogenannte «Korrektur-Initiative» ist ein Lehrstück dafür.
Frühe erste Wirkung
2018 hatte die Ankündigung des Bundesrats, die Bewilligungskriterien für Exporte von Kriegsmaterial zu lockern, für Empörung gesorgt. Die Regierung nahm ihren Entscheid wieder zurück. Unter anderem, weil eine Initiative angekündigt wurde, die dem Bundesrat die Kompetenz für solche Entscheide nehmen wollte. Eine erste Wirkung hatte die Korrektur-Initiative also bereits, bevor sie überhaupt eingereicht wurde.
Der Bundesrat wollte, wie das gang und gäbe ist, dem Volksbegehren mit einem Gegenvorschlag den Wind aus den Segeln nehmen. Darin kam er, auch dies gängige Praxis, den Initianten in einigen Bereichen entgegen: Verboten werden sollen Kriegsmaterialexporte in Länder, die Menschenrechte «schwerwiegend und systematisch» verletzen.
Aber der Bundesrat hielt sich ein Hintertürchen offen: Bei ausserordentlichen Umständen und «zur Wahrung der aussen- oder sicherheitspolitischen Interessen des Landes» sollte er auch weiterhin von den Bewilligungskriterien abweichen können.
Ständerat signalisiert Verständnis
Diese Ausnahmeregel hat heute der Ständerat – sonst eher als rüstungsfreundlich bekannt – kurzerhand gestrichen, ansonsten den Gegenvorschlag aber deutlich gutgeheissen. Damit signalisiert die Kleine Kammer, dass sie erstens Verständnis hat für die Grundanliegen der Initiative, und dass sie zweitens die Initiative vom Tisch haben will.
Denn das Initiativkomitee hatte bereits angekündigt, dass die Initiative zurückgezogen werden könnte, falls die Ausnahme-Regelung aus dem Gesetz gestrichen wird.
Initiative dürfte zurückgezogen werden
Jetzt braucht es nicht mehr viel Fantasie, um sich die weiteren Schritte vorzustellen. Der deutlich rüstungskritischere Nationalrat dürfte sich dem Ständerat anschliessen, worauf die Initiantinnen und Initianten die «Korrektur-Initiative» zurückziehen werden.
Sie haben dann ihr Ziel erreicht, ohne eine einzige Stimme an der Urne gewonnen zu haben. So geht direkte Demokratie.