Der Fachkräftemangel treibt nicht nur Firmen und Spitäler um, sondern auch Gemeinden. Sie suchen Fachpersonen, zum Beispiel für ihre Bauverwaltung. Das zeigen verschiedene Beispiele aus dem Kanton Bern. Dort sind meist kleinere Gemeinden aktuell auf der Suche nach einer Bauverwalterin oder einem Bauverwalter.
Die Bauverwaltung gehört zur Dienstleistungspalette jeder Gemeinde: Alle müssen Baugesuche prüfen, Baubewilligungen erteilen und Planungsgeschäfte vorbereiten können. Ohne entsprechende Fachpersonen wird das jedoch schwierig.
Gemeinden haben landauf, landab Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden.
Das sei ein allgemeines Phänomen, sagt Michael Strebel. Er beschäftigt sich als Politikwissenschafter mit dem Gemeindewesen: «Gemeinden haben landauf, landab Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden.»
Personalmangel führt zu Zusammenschluss
Deshalb gibt es verschiedene Strategien: Grössere Gemeinden übernehmen die Bauverwaltungsaufgaben für kleinere, oder kleinere Gemeinden lagern die Aufgaben an externe Fachstellen aus oder mehrere Gemeinden schliessen ihre Bauverwaltungen zu einer grossen regionalen Bauverwaltung zusammen.
Letzteres geschah im Gürbetal im Kanton Bern. Zuerst hatten zwei Gemeinden ihre Bauverwaltungen zusammengeschlossen – aus Personalmangel. Heute gibt es eine regionale Bauverwaltung mit Sitz in Wattenwil, die sich um Bauverwaltungsaufgaben von elf Gemeinden kümmert.
Mit diesem Problem stehen die bernischen Gemeinden nicht alleine da: Im Kanton Aargau gibt es eine Firma, die ausschliesslich für Gemeinden als Bauverwaltung tätig ist. Und auch in anderen Kantonen gibt es regionale Bauverwaltungen.
In Bern stehen weitere Zusammenschlüsse zur Diskussion: so etwa in der Region rund um Interlaken sowie im Kandertal rund um Frutigen.
Erste Schritte Richtung Fusion?
Offen ist, ob ein solcher Zusammenschluss oder das Auslagern von Dienstleistungen wegen Fachkräftemangels ein erster Schritt hin zu einer Fusion ist. Der Politikwissenschaftler Michael Strebel sagt Ja: «Kurzfristig sind regionale Bauverwaltungen eine Alternative, langfristig aber ein Weg in Richtung Fusion.»
Für Strebel ist damit eine Dynamik in Gang gesetzt, die sich so schnell nicht mehr aufhalten lässt: Eine Fusion komme häufig dadurch zustande, weil die Gemeinden alleine nicht genügend Fachpersonal für die Verwaltung finden.
Wenn man schon überall zusammen arbeitet, kann man irgendwann auch eine Fusion wagen.
Je mehr Verwaltungsarbeiten von einer regionalen Stelle erbracht werden, desto weniger interessant werde die Arbeit in der Gemeinde selber. Und desto weniger finden Gemeinden Leute. Deshalb könne es sein, dass ein regionaler Zusammenschluss ein Treiber in Richtung Fusion sei, sagt Strebel.
Auch Daniel Wachter, Leiter des Amts für Gemeinden und Raumordnung im Kanton Bern, sieht darin eine Vorbereitung für eine Fusion: «Wenn man so oder so schon überall zusammen arbeitet, kann man irgendwann auch eine Fusion wagen.»
Dem widerspricht Urs Indermühle, Präsident der regionalen Bauverwaltung Wattenwil und Gemeindepräsident der Nachbargemeinde Seftigen: Ein solcher Zusammenschluss führe nicht unbedingt Richtung Fusion: «Dort, wo es Sinn macht, arbeiten wir zusammen, aber die Gemeinde hat immer noch die Fäden in der Hand.»
Damit meint Indermühle: Auch wenn eine gemeinsame regionale Bauverwaltung Baugesuche prüft, liege der Entscheid für oder gegen eine Baubewilligung immer noch bei der einzelnen Gemeinde.