Was in vielen Branchen normal ist, hat im Hotel oder Restaurant Seltenheitswert: ein Lohnzuschlag für Sonntagsarbeit. Ein Hotelier in der Churer Altstadt will damit sein Personal halten und neues anziehen.
Adrian Müller vom Betrieb Stern in Chur zahlt allen Mitarbeitenden am Sonntag ab sofort 50 Prozent mehr Lohn. «Damit haben meine Mitarbeitenden direkt etwas davon, wenn sie schon den Sonntag nicht mit der Familie oder Freunden verbringen können.»
Es werde immer schwieriger, gute Leute zu finden, sagt Adrian Müller. «Die Gastrobranche muss sich Gedanken machen, wie sie attraktiver werden kann.»
Gäste zahlen mehr an Sonntagen
Adrian Müller rechnet mit jährlich sieben Prozent mehr Lohnkosten aufgrund des Sonntagszuschlags. Seine Gäste finanzieren das mit: Wer sonntags ins Restaurant geht, zahlt zwei bis drei Franken mehr pro Gericht. Müller ist überzeugt, dass seine Gäste bereit sind, das zu zahlen.
Wir haben zu wenig Personal, um sieben Tage in der Woche offen zu haben.
Ein solcher Preisaufschlag sei für sie kein Thema, sagt Sandra Brunner vom Restaurant Calanda, im Zentrum Churs zwischen Bahnhofstrasse und Altstadt. Sie hat sich stattdessen dafür entschieden, ihr Restaurant jeweils am Montag und Dienstag zu schliessen. «Wir hatten nicht mehr genug Mitarbeitende, um sieben Tage in der Woche offen zu haben. Einzelne Mitarbeitende hätten regelmässig mehr als fünf Tage am Stück arbeiten müssen. Das wollten wir nicht.»
Unterschiedliche Ansätze, unterschiedliche Meinungen
Beide Ansätze findet Franz Sepp Caluori, Präsident des Verbandes GastroGraubünden gangbare Wege. Gerade bei Anpassungen von Öffnungszeiten gebe es Potenzial in der Branche. «Attraktive Arbeitszeiten sind ein wichtiger Faktor. Wenn einem Koch oder dem Servicepersonal zwei freie Tage am Stück garantiert werden können, ist das ein Vorteil bei der Stellensuche.»
Attraktive Arbeitszeiten sind ein wichtiger Faktor.
Attraktivere Arbeitszeiten können eine effektive Möglichkeit sein, findet auch Andreas Züllig, Präsident des nationalen Verbandes Hotellerie Suisse und Hotelier auf der Lenzerheide. Das funktioniere aber nicht überall. «In unserem Betrieb ist das nicht einfach, da wir stark von den Saisons abhängig sind.»
Der Fachkräftemangel ist nicht in erster Linie eine Frage der Löhne.
Skeptischer sieht Züllig hingegen den Sonntagszuschlag. «Ich bin der Meinung, dass der Fachkräftemangel nicht in erster Linie eine Frage der Löhne ist. Da geht es um viele Komponenten, wie wir unsere Branche attraktiver gestalten können, damit Mitarbeitende gerne bei uns arbeiten.» Er versuche darum, seinem Personal andere Anreize zu geben, zum Beispiel günstige Übernachtungen in Partnerhotels.
Die Fachleute sind sich also einig, dass dem Personalmangel mit attraktiven Arbeitsbedingungen begegnet werden kann. Der Lohnzuschlag für die Arbeit am Sonntag ist für gewisse Betriebe eine Möglichkeit, nicht aber das Patentrezept.