Bei den Restaurants ist ein neuer Kampf im Gange; der Kampf ums Personal. Statt sich um Gäste und Umsatz zu sorgen, sorgen sich Wirtinnen und Pächter um ihre Angestellten – denn in den Gastrobetrieben fehlt es an Leuten, die servieren und in der Küche arbeiten.
Vor allem zu Beginn des Jahres litten rund ein Viertel der Betriebe an Personalmangel, bilanziert Gastrosuisse. Restaurants mussten Öffnungszeiten verkürzen, manche Betriebe schlossen tage- oder wochenweise. Wieder andere haben das Angebot angepasst, sprich: Die Karte verkleinert.
«Ich bin am Verzweifeln», sagt auch Adriano Giordano, Pächter des Restaurants «Zur Mägd» im Basler St. Johann-Quartier. Seit Sommer sei es «unmöglich, Leute zu rekrutieren.» Giordano gibt seinen Angestellten jede Woche an zwei aufeinander folgenden Tagen frei – gute Arbeitsbedingungen, wie er sagt.
Da er trotzdem zu wenig Leute findet, die in seinem altehrwürdigen Zunfthaus samt Gartenwirtschaft arbeiten wollen, muss der 60-Jährige vermehrt selbst anpacken. Grosse Anlässe könne er so keine mehr annehmen.
Zehntausende kehrten der Gastronomie den Rücken
Hintergrund für das fehlende Personal ist Corona. Während der Pandemie haben rund 30'000 Serviceangestellte in der Schweiz ihre Arbeit an den Nagel gehängt und sind nicht wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt, schätzt Gastrosuisse. Damit hat die Branche knapp 20 Prozent ihres Personals verloren. Da sich Gastronomie und Hotellerie erstaunlich schnell von der Pandemie erholt haben, fehlen nun die Mitarbeitenden umso mehr.
Um die Restaurants trotzdem wie gewöhnlich betreiben zu können, gehen Basler Wirtinnen und Wirte nun auf potenzielles Personal zu: Sie versuchen, Leute für die Arbeit in der Gastronomie zu gewinnen, die bisher nicht im Service arbeiteten, und solche, die der Branche den Rücken gekehrt haben und zurückkommen wollen. Mittels eines eintägigen Crashkurses sollen sie Neues lernen und Altes auffrischen.
Ich weiss nicht, ob ich das 100 Prozent aushalten würde.
Zum eintägigen Kurs erscheinen denn auch Leute, die bislang wenig mit der Arbeit im Service zu tun hatten. Ein 62-jähriger Kursteilnehmer stellt sich die Arbeit im Service schön vor: «Man bedient Leute und die haben Freude. Wenn das Restaurant eine gute Küche hat, ist es noch besser.» Er könne sich die Arbeit im Service deshalb gut vorstellen, sagt er. Eine andere Teilnehmerin strebt keine Festanstellung an: «Ich weiss nicht, ob ich das bei einem 100-Prozent-Job aushalten würde», sagt sie. Sie wolle lieber diejenige sein, die man anrufe, wenn besonders viel los sei.
Auch Zürcher und Berner Restaurants locken Personal an
Ähnliche Kurse gibt es auch in andern Städten. So hat beispielsweise der Zürcher Hotelierverband Anfang Jahr ein Quereinsteigerprogramm für Rezeptionisten und Köchinnen gestartet. Erwartet hatte der Verband 50 Teilnehmende, angemeldet hatten sich dann aber 400.
Auch in Bern gibt es Gastro-Crash-Kurse. Diese dauern drei Tage und richten sich an Ukrainerinnen. So wolle man sowohl dem Personalmangel begegnen als auch Ukrainerinnen Jobmöglichkeiten bieten, heisst es von Gastro Bern.
Auch wenn solche Anstrengungen den Personalmangel nicht sofort beheben, hofft der Basler Wirtverbandspräsident Maurus Ebner auf Resultate: «Ich bin überzeugt, dass solche Kurse ein kleiner Beitrag sind, den Fachkräftemangel zu lindern.»