Die Insel-Gruppe zieht die Reissleine: Wegen des Fachkräftemangels und Kostendruck machen das Spital Münsingen und das Tiefenau-Spital in der Stadt Bern noch dieses Jahr dicht.
Im Spital Münsingen gehen die Lichter bereits Ende Juni aus. Bei Labor-Teamleiterin Katharina Radosavljevic sitzt der Schock tief. «Es herrscht beim Personal eine Stimmung wie an einer Beerdigung. Denn wir beerdigen den Standort Münsingen», sagt die Bernerin, welche Mitglied der Personalkommission der ganzen Insel-Gruppe ist.
Man verliere in den kommenden Monaten «unglaublich wertvolle Menschen», mit denen man Höhen und Tiefen durchgemacht habe. «Wir sind immer füreinander eingestanden. Dass wir bald nicht mehr zusammenarbeiten sollen, ist für mich ganz ganz schwierig», so Radosavljevic.
Entlastet die Spital-Zusammenlegung das Personal?
Warum kommt es überhaupt zur abrupten Schliessung? «Durch den Fachkräftemangel und dadurch gesperrte Betten konnten wir dramatisch viele Patienten nicht behandeln», sagt Uwe E. Jocham, Direktionspräsident der Insel-Gruppe.
Deswegen haben man sich entschlossen, die beiden vom Personalmangel besonders betroffenen Standorte Tiefenau und Münsingen zu schliessen und das Personal und die Angebote an den anderen Standorten zu konzentrieren.
Aber bedeutet die Zusammenlegung der Standorte tatsächlich eine Entlastung für das Personal? Die Spitalschliessungen könnten neben Nachteilen durchaus Chancen bringen, sagt Katharina Radosavljevic. «Wenn man auf einer Abteilung arbeiten kann, wo genug Personal da ist, bedeutet dies eine höhere Lebensqualität für die Mitarbeitenden.»
Dies, wenn man etwa Freitage wieder beziehen – oder schon nur mal ohne Stress aufs WC gehen könne.
Dennoch würden bestimmt nicht alle Mitarbeitenden von Münsingen etwa an das Berner Inselspital wechseln wollen. «Es kann sich eine Eigendynamik entwickeln. Ich wünsche mir aber, dass so viele wie möglich wechseln und die Leute wieder zusammenfinden.» Die meistgestellte Frage bei den Angestellten derzeit sei, wo sie ab Juli arbeiteten.
Ende mit Schrecken
Meret Schindler von der Gewerkschaft VPOD setzt sich für das Gesundheitspersonal sein. Sie sei zwar überrascht, dass die Insel-Gruppe die Spitäler Knall auf Fall schliesse. Aber: «Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Wichtig ist, dass man die Leute halten kann und an anderen Standorten weiterbeschäftigen könne.»
Trotzdem: 200 Personen müssen mit einer Kündigung rechnen, 800 Leute müssen den Arbeitsplatz wechseln. «In den Kliniken gibt es unterschiedliche Arbeitskulturen, es braucht viel Feingefühl, um so Synergien zu schaffen.»
Wichtig sei jedoch auch, dass die Insel-Gruppe nicht nur Personal abbaue, sondern auch anderswo spare - etwa bei geplanten Investitionen. «Das ist ein wichtiges Zeichen und fair dem Personal gegenüber», so die Gewerkschafterin Meret Schindler.