Immer weniger Fische schwimmen in Schweizer Gewässern. Die logische Folge: Auch die Fangzahlen sinken. Ein drastisches Beispiel ist der Linthkanal, die Verbindung zwischen Walensee und Zürichsee. 2023 wurden dort 36 Kilogramm Äschen und Forellen gefangen, in den 1970er-Jahren waren es noch 10 Tonnen.
Weil es für die Fische im Linthkanal ungemütlicher wird, wollen die Kantone Gegensteuer geben. Auf rund zwei Dritteln des Kanals gilt ab dem 1. Januar 2025 ein dreijähriges Fangverbot. Bereits in den letzten Jahren wollte die Fischereikommission die Bestände erhalten: mit Schonzeiten, einer stärkeren Bejagung des Fisch-Vielfrasses Kormoran und einer Aufwertung der Lebensräume.
Allen Massnahmen zum Trotz: Die Fischer sind besorgt: «Wir wissen nicht, wie es mit den Fischen weitergeht. Nur wir Menschen können noch mit Aufwertungen Einfluss darauf nehmen», sagt Roger Staub, Präsident des St. Galler Fischereiverbands. Dass es wegen der Fischerei weniger Fische gebe, verneint Staub. «Der Kormoran frisst pro Tag 500 Gramm Fisch. Wenn ich das aufs Jahr hochrechne und den Fischertrag anschaue, sind wir kein Grund.»
Die fressenden Vögel sind aber nur ein Faktor. Es fehlen Laichplätze, der Linthkanal ist oftmals schnurgerade und gepflastert. Im Kanal gibt es wenige Orte, wo sich die Fische wohlfühlen. Gutes Habitat sind viel Kies als Laichplatz und Bäume, die vor Vögeln schützen. Und weil das Wasser immer sauberer wird, fehlen Nährstoffe. Auch die höheren Wassertemperaturen setzen den Fischen zu.
Mit dem Fangverbot wollen die Kantone den Bestand retten. Michael Kugler, Fachmitarbeiter Fischerei beim Kanton St. Gallen, sagt: «Der Äschenbestand ist mittlerweile so tief, dass es wirklich wichtig ist, dass jede Äsche, die sich reproduzieren kann, auch im Kanal bleibt. Je weniger Äschen gefangen werden, desto grösser ist die Chancen auf eine Reproduktion.»
Erfahrungen aus der Aare
Ein Fangverbot für Äschen gibt oder gab es auch in anderen Regionen der Schweiz, beispielsweise an der Thur oder vor ein paar Jahren an der Aare. Damals habe sich durch das Verbot der Äschenbestand stabilisiert, sagt Tobias Herbst, Mediensprecher der Gewässerschutzorganisation Aqua Viva. Aber: «Neben dem Fangverbot wurden die Lebensräume der Äsche aufgewertet und natürlicher gestaltet. Es hat sich herausgestellt, dass diese Massnahmen am wirkungsvollsten waren.»
Aufwertungsmassnahmen wären auch für die Fischerei-Verantwortlichen wünschenswert. Aber, so Fachmitarbeiter Michael Kugler: «Die Fischerei kann nicht einfach sagen, dass der Kanal gesperrt ist. Es gibt noch andere Nutzer.»
Damit meint Kugler: «Es gibt Sicherheitsbedenken. Es gibt landwirtschaftliche Interessen und Interessen aus dem Freizeitbereich. Wir sind im Diskurs und versuchen, die Dringlichkeit zu betonen, dass im Bereich der Lebensräume etwas gemacht werden muss.» Konkrete Projekte für mehr Natürlichkeit im Linthkanal gibt es momentan keine.