Aarau, morgens um 7 Uhr. Das Städtchen an der Aare ist wie ausgestorben. Es ist praktisch niemand in den Gassen der malerischen Altstadt unterwegs. Die Touristen, hauptsächlich Velofahrer, seien halt schon viel früher am Morgen weitergezogen, erklärt Tobias Graf, Betreiber eines Bed and Breakfast. «Sie ziehen die kühlen Morgenstunden vor.»
Die meisten sind also schon vor 7 Uhr weggefahren. Nur eine vierköpfige Familie, die hier in der Aarauer Altstadt übernachtet hat, ist noch da. Normalerweise geht sie ins Ausland in die Ferien. Doch dieses Jahr bleibt sie in der Schweiz.
Velofahrer über Velofahrer
Die Familie aus Winterthur will mit dem Velo dem Jurasüdfuss entlang bis nach Neuenburg fahren. In Aarau hat sie einen Zwischenstopp eingelegt. Den 11- und 8-jährigen Kindern gefällt es auf jeden Fall. «Es ist alles so gemütlich – nicht wie in einer Grossstadt wie Zürich», sagt eins von ihnen.
Inzwischen haben auch andere Velofahrer den Weg in die Aarauer Altstadt gefunden, etwa ein älteres Paar aus Deutschland. Sie fahren mit ihren E-Bikes von Solothurn bis an den Bodensee. Bis auf eine Ausnahme finden auch sie es schön. Bloss Olten sei enttäuschend gewesen, sagt der Mann. «Doch Solothurn und Aarau: Sehr schön!»
Eine Velofahrerin aus Zürich schwärmt von der Natur im Mittelland. «Es hat so schöne Flussufer hier.» Vieles sei sehr natürlich belassen und scheine vom Menschen unberührt.
Hotels rechnen trotzdem mit Einbussen
Diese Natur und die Städte im Mittelland wollen in diesem Jahr offenbar noch mehr Schweizerinnen und Schweizer entdecken: In der Region Aarau etwa sind die günstigen Unterkünfte praktisch ausgebucht. Damit ersetzen die Touristen quasi die Geschäftsleute, die normalerweise in der Region übernachten.
Zumindest teilweise sei das der Fall, sagt Danièle Turkier vom Aarauer Tourismusbüro. Vor allem die B&B-Etablissements könnten den Ausfall kompensieren. «Bei den Hotels sieht es ein wenig anders aus.»
Tatsächlich dürften die Hotels massiv leiden, weil die Geschäftsleute fehlen. Zwar gibt es noch keine konkreten Zahlen, doch die Hotels in Aarau rechnen allein für Juni mit 66 Prozent weniger Umsatz. Dies zeigte eine Umfrage des Schweizer Hotellerieverbandes. Diese Einbussen dürften die Ferien-Velofahrer kaum ausgleichen. Dazu kommt, dass diese Touristen meist nur eine Nacht bleiben.
Nur ein amerikanisches Paar blieb länger
Er habe es bislang nur ein einziges Mal erlebt, dass jemand in Aarau länger Ferien gemacht habe, sagt B&B-Betreiber Tobias Graf. «Das war ein Ehepaar aus den USA im letzten Jahr.» Sie seien aber eher zufällig in Aarau gelandet, nachdem sie bei der Ankunft am Flughafen Zürich keine konkreten Pläne für den Besuch in der Schweiz gehabt hätten.
Die meisten Touristen planen wahrscheinlich besser als diese beiden Amerikaner – und bleiben deshalb nur für ein paar Stunden. Für viele reicht das durchaus, um die malerische Altstadt an der Aare zu besichtigen.