Seit Montag stehen der ehemalige Fifa-Präsident Joseph Blatter (88) und der frühere Uefa-Präsident Michel Platini (69) als Angeklagte vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen unter anderem Betrug vor.
Hintergrund ist eine Zahlung, die mittlerweile fast 15 Jahre zurückliegt. Damals sind zwei Millionen Franken vom Fifa-Hauptsitz in Zürich auf das Konto von Platini geflossen. Angeblich für Beratertätigkeiten, die Platini schon zu Beginn des Jahrtausends für die Fifa geleistet habe. Ein Vertrag hierzu fehlt, mündlich sei dies abgemacht gewesen, sagen Platini und Blatter.
Ende März wird nun ein Berufungsgericht entscheiden, ob es diese Geschichte für glaubhaft hält, oder ob es sich bei dieser 2-Millionen-Zahlung doch um Betrug gehandelt hatte – zum Nachteil der Fifa, weil das Geld von deren Konto abgebucht wurde. Das Bundesstrafgericht hatte Blatter und Platini 2022 zwar freigesprochen. Dagegen legten aber sowohl die Bundesanwaltschaft als auch die Fifa Berufung ein.
Mindestens so spannend wie das Strafverfahren sind indes auch die möglichen Intrigen, die hinter diesem Fall stecken.
Wollte Blatter Platini ruhig stellen?
Viele Fragen aufgeworfen hatte vor einigen Tagen ein Artikel in der Zeitung «Le Monde». Der Autor zitierte dort mehrere Quellen, die Blatter in ein schlechtes Licht rückten und ihm ein anderes Motiv unterstellten, als das Begleichen einer alten Schuld.
Platini, der selber auf das Amt des Fifa-Präsidenten aspirierte, soll nämlich ungeduldig geworden sein, als Blatter angekündigt hatte, 2011 für eine weitere Amtszeit antreten zu wollen – und um Platini ruhig zu stellen, seien dann diese verspäteten «Beraterhonorare» geflossen. Blatter bestreitet diese Darstellung vehement.
Strittig ist auch, wie die Bundesanwaltschaft Kenntnis von dieser Zahlung erlangt – und ob jemand ein Interesse an diesem Strafverfahren gehabt haben könnte. Zu dieser Frage traten am Montag und Dienstag zwei Zeugen vor Gericht auf. Einerseits Olivier Thormann, der damals als Staatsanwalt in dieser Sache ermittelte und suggerierte, er habe konkrete Hinweise von der Fifa auf diese Zahlung erhalten. Andererseits der ehemalige Finanzchef der Fifa und enge Vertraute von Blatter, Markus Kattner, der genau das in Abrede stellte.
Infantino als lachender Dritter
Im Artikel von «Le Monde» stützte der ehemalige Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke die These, der Hinweis könnte direkt von der Fifa gekommen sein. Nach seinem angekündigten Rücktritt 2015 habe Blatter verhindern wollen, dass Platini nun doch noch sein Nachfolger wird und habe deshalb auf indirekten Wegen die Bundesanwaltschaft auf die Zahlung an Platini aufmerksam gemacht. Auch dies bestreitet Blatter.
Unbestritten ist jedenfalls: Der dadurch ausgelöste und noch immer nicht abgeschlossene Strafprozess hat die Funktionärskarrieren von beiden, von Platini und von Blatter, beendet. Und der Fifa und ihrem jetzigen Präsidenten Gianni Infantino war dies vermutlich nicht unrecht – denn nur so wurde für Infantino der Weg an die Fifa-Spitze überhaupt erst frei. Das würde auch erklären, warum die Fifa die Klagen gegen die beiden bis zuletzt aufrechterhielt, ohne jedoch nun beim Prozess zu erscheinen oder sonst irgendein Interesse an dem Fall zu zeigen.