Drei Stunden lang hörte sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga in ihrer gewohnt beherrschten Art an, was beim Rettungsschirm für Stromkonzerne alles schiefgelaufen sein soll. In einer Lektion über das Funktionieren des Strommarkts skizzierten mehrere bürgerliche Ständeräte eine ganze Reihe an Problemen, derentwegen die Vorlage zurückzuweisen und zu überarbeiten sei.
Die Vorlage komme zu spät, doch eher zu schnell, oder die Unterlagen seien zu dürftig. Und warum bloss zehn Milliarden? Dazu komme, wer Liquiditätsprobleme habe, habe sich verspekuliert und überhaupt, man müsse doch die Stromversorgung sicherstellen, nicht Unternehmen retten. Die Ständeräte Martin Schmid (FDP/GR), Hansjörg Knecht (SVP/AG) und Ruedi Noser (FDP/ZH) zogen dabei alle Register der Rhetorik.
Zweifel an Namen und Notwendigkeit
«Allein schon der Titel ‹Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft› ist für mich ein Problem», sagte Schmid. «Es ist ohnehin generell die Frage zu stellen, ob es überhaupt so ein Gesetz braucht. Ich bin hier skeptisch», so Knecht.
Ein Gesetz zu machen, in dem stehe, dass man zehn Milliarden verwenden kann, um den Stromkonzernen zu helfen: Das sei, so Noser, «wie wenn man die Feuerwehr losschickt und ihr sagt, sie könne 10'000 Liter Wasser mitnehmen, und damit müsse sie jeden Brand löschen.»
Sommarugas Geduld wurde arg strapaziert. Etwas emotionaler als sonst sezierte sie einige der Vorwürfe. Die Zweifel an den Liquiditätsproblemen konterte sie mit dem Hinweis, dass in Europa mehrere Stromkonzerne um Finanzhilfen gebeten hätten. Deutschland etwa habe einen Betrieb mit rund zwölf Milliarden Euro unterstützt.
Auf diverse Widersprüche in der bürgerlichen Argumentation reagierte sie mit einer eindringlichen Ermahnung: «Meine Damen und Herren, wir sind nicht in einer Wohlfühlphase.» Mit anderen Worten, es gilt ernst.
Aufruf zur Mitsprache ans Parlament
Hörbar kaum fassen konnte die Bundesrätin den Vorwurf, dass es beim Rettungsschirm stark um die Rettung der Stromkonzerne gehe, und nicht um die Absicherung der Stromversorgung: «Das ist genau das, was wir hier tun. Artikel 1 dieser Vorlage wurde Ihnen bereits vorgelesen.»
Es gebe keinen Grund zur Eile, war auch oft zu hören, im Notfall könne der Bundesrat ja im Notrecht handeln. Doch gerade dies war in der Pandemie stark kritisiert worden. Sommaruga wunderte sich: «Wollen Sie das wirklich? Wollen Sie explizit darauf verzichten, jetzt bei den Rahmenbedingungen mitzureden?» Und mit Blick auf den Rückweisungsantrag sagte sie: «Wenn Sie diesen Antrag unterstützen, dann sehen Sie dieses Geschäft ziemlich lange nicht mehr.»
Schliesslich deutliche Annahme im Rat
Die engagierte Rede der Energieministerin dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass einer der Rückweisungsanträge zurückgezogen und der andere abgelehnt wurde. Der Ständerat hat das Gesetz am Ende mit 28 zu 9 Stimmen bei 6 Enthaltungen deutlich angenommen.
Dies mit ein paar Anpassungen: So will die kleine Kammer den Rettungsschirm auch kleineren Stromunternehmen öffnen. Auch der Kredit für den Rettungsschirm wurde klar beschlossen. Im Herbst soll sich der Nationalrat mit dem Geschäft befassen.