Offenbar sollen verschiedene Schweizer Finanzinstitute Fluchtgelder in der Höhe von mehreren Milliarden Franken angenommen haben, die mutmasslich aus Verbrechen stammen. Es seien wohl 30 Schweizer Banken betroffen, wie der «Tagesanzeiger» schreibt.
Vergangene Woche wurde publik, dass die Bundesanwaltschaft in dieser Sache ein Strafverfahren führt. Dies ist der jüngste Fall einer ganzen Reihe von Geldwäscherei-Skandalen, die in den vergangenen zwölf Monaten den Schweizer Bankenplatz erschütterten.
Vor gut einem Jahr kritisierte die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma die Privatbank Julius Bär wegen gravierenden Mängeln in der Geldwäscherei-Bekämpfung. Es ging um Geschäftsbeziehungen mit korrupten Funktionären der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA. Vergangene Woche ist der damals verantwortliche Chef der Privatbank Julius Bär, Boris Collardi, schriftlich gerügt worden.
Grossbank muss in den USA nachbessern
Für den Antikorruptions-Experten Mark Pieth ist es erstaunlich, dass nach jahrelangen Bemühungen in der Geldwäschereibekämpfung, nach verschärften gesetzlichen Bestimmungen und nach intensivierter Aufsicht, immer noch solche Fälle möglich seien: «Es sind sicher alte Fälle darunter, die jetzt abgeschlossen werden. Tatsache bleibt aber, dass so manche Schweizer Bank mehr tun müsste.»
Aufhorchen liess der Fall der Credit Suisse im vergangenen Jahr. Die US-Notenbank rügte die New Yorker Niederlassung der Schweizer Grossbank, ihre Anti-Geldwäscherei-Massnahmen seien zu wenig griffig.
Das ist peinlich, weil eine ausländische Aufsichtsinstanz unseren Grossbanken sagen muss, wo es langgeht.
Pieth zeigt sich irritiert: «Die Grossbank Credit Suisse musste sich in den USA von der Aufsichtsbehörde sagen lassen, sie hätte ihre Compliance-Systeme – auch nach inzwischen 30 Jahren – nicht adäquat umgesetzt. Das ist peinlich, weil eine ausländische Aufsichtsinstanz unseren Grossbanken sagen muss, wo es langgeht.»
Die Credit Suisse hat mit den US-Behörden vereinbart, die Mängel zu beheben. Man werde sämtliche Bestimmungen zeitnah umsetzen, heisst in der Stellungnahme. Die Credit Susse schreibt SRF News, es habe kein Urteil gegen die Grossbank gegeben: «Die Credit Suisse ist immer bestrebt, in ihrer Geschäftstätigkeit alle geltenden Gesetze, Vorschriften und Bestimmungen, in allen Märkten, in denen sie tätig ist, einzuhalten.»
Schlupflöcher gibt es nach wie vor
Tatsächlich seien nicht immer die Banken schuld, wenn Geldwäscherei-Bestimmungen verletzt würden, sagt Pieth. Immer wieder komme es vor, dass dubiose Geschäftsleute ihre Anwälte vorschieben, um ein Konto zu eröffnen. Diese stützten sich dann auf ihr Anwaltsgeheimnis, um die Hinterleute geheim zu halten.
«Die Banken haben viel gemacht, um Geldwäscherei zu verhindern. Leider werden sie immer noch schwach, wenn das grosse Geld winkt. Vor allem Privatbanken sind in diesem Jahr einige Male auffällig geworden. Das hängt damit zusammen, dass es Anwälte schaffen, ihre Kunden geheimzuhalten und der Bank sozusagen unterzujubeln», sagt Pieth.
Der Bundesrat wollte das Geldwäschereigesetz 2020 ausweiten, indem unter anderem Anwälte Sorgfalts- und Meldepflichten einhalten müssen, wenn sie für ihre Kundschaft Firmenstrukturen einrichten oder Tochtergesellschaften gründen. Allerdings kippte der Ständerat den Passus nach Lobbying aus Anwaltskreisen.